Full text: Mit einem kolorirten Kupfer (Theil 1)

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starb nicht lange nachher. Auf reden Fall han¬ 
delte also Luther hier zu übereilt und hitzig. Bes- 
scr war es, wenn anders die Anekdote acht ist, er 
wartete stillschweigend auf die ihm angedrohte 
Härte; denn wenn Kaiser, Papste und Konzilien 
nichts gegen ihn vermochten, so würde auch Her¬ 
zog Johann nicht viel ausgerichtet haben. 
Des Prinzen Sterbestunde ist übrigens höchst 
interessant, wegen der Art, wie sein Vater, Georg, 
dabei sich benahm. Denn dieser schärfte dem 
Sohn nachdrücklich ein: er solle einzig von Chri¬ 
sto, der Welt Heiland, nicht aber von sei. 
nen Werken, die Seligkeit hoffen — 
und als ,des Sterbenden Gemahlinn sich wunder¬ 
te, daß man dies nicht öffentlich lehre, antwor¬ 
tete der Herzog: Nur dem Sterbenden müsse man 
solchen Trost geben, die übrige Welt würde allzu¬ 
ruchlos werden, wenn sie glaube, daß man, auch 
ohne gute Werke, blos durch Christum selig wer¬ 
den könne." 
Aeusserungen, welche es deutlich beweisen, 
daß Herzog Georg der blinde Eiferer gegen Lu- 
thern nicht war, für den er gewöhnlich gilt, daß 
er vielleicht hart und bitter gegen ihn handelte, 
nicht, weil er dessen Lehre für falsch und schrift- 
widrig, sondern weil er sie dem gemeinen 
Wesen für höchst gefährlich hielt — 
weil er des Glaubens lebte: Untersuchungen über 
kirchliche und religiöse Verbesserungen gehörten 
nur für die Gelehrten, nicht fürs Volk, und end¬ 
lich, wcil cr, als Regent, den hitzigen Ton 
nicht
	        
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