Der Charakter des Krieges.
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3. Der dreißigjährige Krieg 1618 — 1648.
Der Charakter des Krieges.
§ 150. Der große Krieg, der schon längst gedroht hatte, brach Verlauf des
aus in Böhmen infolge des Gegensatzes zwischen den protestantischen $hte9ea'
Ständen und dem katholischen Herrscherhause; erzog ganz Deutsch-
land in seinen Bereich und wurde zu einem Kriege der protestan-
tischen und der katholischen Partei im Reich; er wurde endlich, nachdem
zunächst Spanien und Polen, dann Dänemark, Schweden und Frank-
reich eingegriffen hatten, zu einem Weltkriege, an dem die meisten
europäischen Staaten beteiligt waren. Die Gegensätze, die in diesem Parteigegen-
Kriege aufeinander trafen, waren zunächst der religiöse Gegensatz fa6c'
zwischen dem Katholizismus, der im allgemeinen der angreifende Teil
war und die frühere Machtstellung wieder zu erwerben suchte, und
dem sich verteidigenden Protestantismus; sodann der die deutsche Politik
beherrschende Gegensatz zwischen dem Kaiser und den Reichs-
ständen, die — und zwar nicht nur die Protestanten, sondern auch die
Liga — einer Stärkung der kaiserlichen Gewalt widerstrebten, zwischen
„kaiserlicher Majestät" und „fürstlicher Libertät;" endlich der euro-
päische Gegensatz zwischen dem Hause Habsburg, das noch einmal,
wie in den Tagen Karls V. und Philipps II., nach der Führerschaft
Europas strebte, und dem größeren Teile des übrigen Europas.
Der Charakter der Kriegführung wird einerseits dadurch be- Charakter
stimmt, daß die auftretenden Heere aus geworbenen vaterlandslosen Ahrung.^
Landsknechten bestanden, die um nichts anderes fochten als um
Sold und Beute und die Gebiete von Freund und Feind rücksichts-
los verheerten; andererseits dadurch, daß bei der unausgebildeten
Finanzverwaltung der meisten Staaten und dem Mangel stehender
Heere die Regimenter, oft sogar das ganze Heer, im Austrag des
Fürsten durch ihre Obersten aufgebracht wurden. So erhielt die
Aufstellung von Truppen den Charakter einer kaufmännischen Unter-
nehmung, Brandschatzungen erschienen als ein Hauptzweck der Feld-
züge, und die persönlichen Interessen der Heerführer traten stark hervor.
Der böhmisch-pfälzische Krieg.
§ 151. Der böhmische Ausstand. Ten Anlaß zum Ausbruch
des Krieges gab, daß zwei Kirchen, welche die böhmischen Prote-
stanten zu Braunau und zu Klostergrab auf geistlichem Gebiet
errichteten, teils geschlossen, teils eingerissen wurden, was diese als
einen Bruch des Majestätsbriefs auffaßten. Als eine beim Kaiser
eingereichte Beschwerde der Desenforen abgewiesen wurde, wandte sich