Full text: Landeskunde des Deutschen Reiches (Teil 2)

II. Das Bayerische Alpenvorland. II 
München, die Haupt- und Residenzstadt des Königreichs, ist die drittgrößte Stadt 
im Deutschen Reiche mit 600 000 Einw. Dank der Fürsorge seiner Fürsten ist es Deutsch- 
lands erste Kunststadt: eine Pflegestätte der Baukunst, der Malerei, Bildhauerei, Erzgießerei, 
des Kunstgewerbes, der Musik und Dichtung. Es hat prächtige Kirchen, darunter die Frauen- 
kirche, viele Paläste, unter denen die Königliche Residenz besonders hervorragt, große 
Sammlungen von Gemälden und Bildhauerwerken (die beiden Pinakotheken) (die Glypto¬ 
thek), eine Akademie der bildenden Künste, vier Hochschulen (Universität, Technische 
Hochschule, Tierarznei- und Handelshochschule) und ein Hoftheater, dessen Richard Wagner- 
Festspiele große Anziehungskraft ausüben. Namhafte Dichter und Künstler haben dort 
ihren Sitz. Auch als Industriestadt hat München einen mächtigen Aufschwung genommen; 
weltberühmt sind seine Großbrauereien und Maschinenfabriken. Es ist auch der Sitz des 
Deutschen Museums mit seiner berühmten Sammlung von Werken der Technik. Als Fremden- 
stadt wird es nur von Berlin überflügelt; die Anzahl seiner Besucher beläuft sich jährlich 
auf /2 Million. 
Das Wachstum Münchens erklärt sich nicht zum wenigsten aus seiner Verkehrs- 
l a g e in der Mitte der Schwäbisch-Bayerischen Hochebene. Hier schneiden sich die zwei 
Weltverkehrslinien Paris—Wien, Berlin—Rom; von hier führen zahlreiche Schienen- 
wege südwärts in die Alpen und West- und nordwärts in die Ackerbaugebiete Südbayerns. 
Auch die Lage der Stadt an der Isar hat große Bedeutung. Vom Gebirge werden alljähr- 
lich Tausende von Klaftern Bau- und Brennholz auf der Isar herabgeflößt, an ihren 
Kanälen entstehen Jahr um Jahr neue Betriebe und ihre Fluten führen die Abfallstoffe 
fort, die andernfalls die Herde ansteckender Krankheiten würden. — Jsarabwärts folgen 
F r e i s i n g und L a n d s h u t (25 000 E.), dieses die Kreishauptstadt von Nieder- 
bayern, der Sitz zahlreicher Behörden und Bildungsanstalten und der Mittelpunkt eines 
ansehnlichen Handels und Verkehrs in dem getreidereichen und wohlhabenden Kreise. Die 
Tonwarenerzeugnisse der Stadt erfreuen sich eines berechtigten Rufes. 
Im schwäbischen Teil der Hochebene wird wie im Allgäu Spinnerei und 
Weberei getrieben; außer in Augsburg auch in Memmingen und Kaufbeuren. 
Wohnweise und Tracht des Älplers. Der Deutsche 
will mit seiner Familie im eigenen Heim leben und als Herr auf 
eigener Scholle sitzen. Hier ist er frei, hier kann er sich nach seinen Be- 
dürfnissen und seinem Geschmack einrichten. Diese uralte und beste 
Wohnweise hat sich auf unseren Dörfern bis heute erhalten und ge- 
winnt auch mit Recht in den Städten wiederum mehr und mehr 
Verbreitung. Nirgends auf deutschem Boden trifft man diese vor- 
treffliche Siedelungsweife schöner als in den bayerischen Alpen und 
ihrem hügeligen Vorlande, wo man seine Freude hat an den statt- 
liehen Bauernhöfen, die die sonnigen Berghänge bedecken, an ihrem 
reinlichen Aussehen, ihrem lebhaften Blumenschmucke, ihren bunten 
Wandmalereien und den blühenden Obstgärten, die sie umgebeu. 
Schönheitssinn und kluges Verständnis für eine gesunde, zweckmäßige 
und freie Wohnweise spricht deutlich daraus. Das Haus der bayerischen 
Alpen vereinigt unter einem Dache Wohnung, Stall und Scheune, 
es ist ein sog. Einheitshaus. Diese Einrichtung stammt aus 
uralter Zeit und ist dem Klima und der landwirtschaftlichen Beschäf- 
tigung der Bewohner vollkommen angepaßt. Nirgends regnet es stärker 
und häufiger als im Gebirge und seinem Vorland und nirgends hat 
der Bauer im Winter soviel mit Schnee zu kämpfen wie hier. Deshalb 
sind Stall und Scheune mit der Wohnung zusammengebaut. Das Haus steht frei nach 
allen Seiten und wird meist von einem Obstgarten umgeben. Selten fehlt beim Hause ein 
M. u. A. Geistbeck, Erdk. f. höhere Mädchenschulen. II. 2 
Rampe 
PVerdes hall 
Küche 
Stube 
Grundriß des bayer. 
Hauses.
	        
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