10 Südeuropa.
zurückgewichen. Daher herrscht großer Reichtum des Gutsbesitzers neben
Bettelarmut des Bauern inmitten einer blühenden Kulturlandschaft. Ahnlich
ists auch in anderen italienischen Landschaften.
Italien ist vor allen Ländern Europas das Land der Südfrüchte
und der Olerzsugung. Seidenbau blüht besonders in der Lombardei.
Italien liefert in Europa bte meiste Rohseide aller Rohseide) und wird auf der
Welt nur von China und Japan übertroffen. Die jährliche Weinernte
kommtderfranzösischen nahe. Die Armut an Mineralien, namentlich an
Kohlen, läßt das Großgewerbe nicht recht zur Entwickelung kommen. Außer
Seiden- überhaupt Textilindustrie ist nur die Stroh Warenindustrie der
Lombardei zu erwähnen. In neuester Zeit hat die in den Alpentälern durch
die Wasserkraft erzeugte Elektrizität die Kohlen einigermaßen ersetzt.
Von Bodenschätzen hat nur der Eisenreichtum der Insel Elba, das Zink
und Blei von Sardinien, der Marmor von Carrara wirtschaftliche Be-
deutung. Italien ist der Hauptsitz der mittelmeerischen Korallenfischerei
und Korallenbearbeitung. Auch die Fischerei ist bedeutend. Der Handel
hat sich seit Eröffnung des Sueskanals und der Tunnelbahnen wieder ge-
hoben.
Italiens Lage zu den Hauptstraßen des Weltverkehrs hat
stark gewechselt. 1. Zur Römerzeit lag es in der Mitte der bekannten
Erde. — 2. Infolge der Kreuzzüge blühte der Orient Handel empor,
ebenso die Handelsrepubliken, der Wohlstand, Kunst und Wissenschaft. —
3. Infolge der Entdeckung Amerikas und des Seewegs nach Ostindien
wurde der Verkehr Europas durch die atlantische Seite vermittelt. Italien
trat in den Hintergrund. — 4. Seit Eröffnung des Sueskanals
erneutes Aufblühen des Handels (Genua, Neapel).
Das moderne Italien läßt zur Zeit eine staatliche Blüte noch vermissen.
Die nationale Zerrissenheit ist wegen der starken Unterschiede im Volkscharakter
und in der Sprache größer als in Deutschland. Die Kulturhöhe zeigt zwischen
den Bewohnern des X. und denen des 8. die stärksten Gegensätze. Dazu
die oben erwähnte drückende Lage des Bauernstandes. Die Steuerkraft des
Volkes ist den großen Kulturaufgaben des Staates und seinen militärischen
Rüstungen nicht gewachsen. So erklärt sich die starke Auswanderung, die
diejenige aller europäischen Länder übertrifft und insbesondere die Gebiete der
Großgrundbesitzer empfindlich trifft.
Der Außenhandel Italiens ist daher heute noch gering, nicht vielmehr
als 1/i des deutschen. In der Einfuhr stehen obenan Getreide, Baum-
wolle und Kohlen. In der Ausfuhr nimmt die Roh- und bearbeitete
Seide etwa 1j3 des Gesamtwertes ein.
Deutschland steht unter den mit Italien handeltreibenden Staaten
bezüglich seiner Ausfuhr nur wenig hinter England, bezüglich der Einfuhr
nur hinter der Schweiz zurück. Wir beziehen in steigendem Maße Rohseide,
Südfrüchte, Marmor und Schwefel und liefern dafür besonders Produkte
der Eisen- und Maschinenindustrie, der Textilindustrie und Teerfarbstoffe.
3. Ortskunde.
a) In Oberitalien: « Turin, eine der schönsten Städte Italiens,
am Po und an der Bahn, die sich an den Mont Cenis-Tunnel schließt,
sfr Genua in schöner Lage, Italiens erste Seehandelsstadt, besonders für
den Verkehr mit Amerika wichtig. O Mailand, Hst. der Lombardei, größte
und reichste Stadt Norditaliens, Knotenpunkt des oberitalienischen Bahnnetzes,