Metadata: Hilfsbuch zum Unterricht in der deutschen und brandenburgisch-preußischen Geschichte

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solcher Wohlhabenheit fand sich aber auch in den unteren Volksklassen drückende 
Armuth vor; Bettelei und Diebstahl nahm sehr überhand. Der Bauern¬ 
stand hatte durch die während der Reformation stattgefundenen Ausstände 
seine Lage auf lauge Zeit hin nur noch drückender gemacht. 
Die Kleidertracht dieses Jahrhunderts war ausfallend, kostspielig und 
zeigte deutlich die zunehmende Sittenlosigkeit des Volkes. Wo die Bauern 
es vermochten, stöhnten auch sie der Modesucht und behingen sich mit Zier¬ 
rathen. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts wurde durch die enge Verbindung 
des habsburgischen Herrscherhauses mit Spanien die spanische Kleidertracht 
in Deutschland eingeführt. Sie blieb nicht nur hier, sondern im ganzen 
Abendlande bis in den dreißigjährigen Krieg die herrschende. 
IV. Abschnitt. 
Jom westfälischen Frieden öis zum Ausbruche der franzöfifchen Revolution. 
(Von 1648 — 1789.) 
A. Das Zeitalter Ludwig's XIV. 
§ 41. König Ludwig XIV. von Frankreich. 
1. Ludwig's Person und Charakter. In Ludwig XIV. kam ein König 
auf den französischen Thron, der durch seinen Charakter und seine Negie¬ 
rungshandlungen einen so bedeutenden Einfluß auf die Verhältnisse seiner 
Zeit ausübte, daß man die lange Zeit seiner Regierung (1643— 1715) nach 
ihm „das Zeitalter Ludwig's" zu nennen pflegt. 
Ludwig war ein schöner Mann, von hohem Wuchs und fester, männ¬ 
licher Haltung. .In der unruhigen Zeit, in welche seine Jugend fällt, war 
seine Erziehung zwar vernachlässigt worden; aber doch zeigte er schon früh¬ 
zeitig eine Entschlossenheit und einen Herrschersinn, durch welche er sich später 
so sehr ausgezeichnet hat. So lange der Minister lebte, der schon zur Regie¬ 
rung seines Vaters durch große Gaben geglänzt hatte (Cardinal Mazarin), 
hielt er sich von der eigenen, selbstständigen Leitung der Regierung fern; nach 
dem Tode dieses Mannes verwaltete er den Staat aber nach seinen eigenen 
Grundsätzen, so daß er auf die Anfrage seiner Minister, an wen sie sich künftig¬ 
hin in Staatsangelegenheiten wenden sollten, die kühne Antwort gab: „An 
mich; denn der Staat bin ich." Ludwig besaß die Eigenschaften, die jur 
Regierung eines Staates nothwendig sind: richtigen Verstand, gutes Ge- 
dächtniß, festen Willen. Er strebte darnach, alle Herrschertugenden in sicksizu 
vereinigen: Im Kampfe bewahrte er mitten im heftigen Kugelregen die voll¬ 
kommenste Ruhe; im Gespräch offenbarte er umfassende Beherrschung des 
Gegenstandes, um den es sich handelte. Er blieb jederzeit Herr seiner Gefühle 
und ließ weder die Freude noch den Schmerz mehr in sich laut werden, als es 
ihm gut dünkte. Die Stände des Landes achtete er gleich hoch, weil er keinen 
derselben für entbehrlich hielt. Von allen Unterthanen forderte er aber unbe¬ 
dingten Gehorsam. Für die Kunst hatte Ludwig bemerkenswerthe Vorliebe. 
E. Förster, Deutsch-preuß. Geschichte. ' n
	        
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