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Das Kind öffnete seine Augen ganz und sah in des Engels
herrliches, frohes Antlitz hinein; und in demselben Augenblicke be-
fanden sie sich in Gottes Himmel, wo Freude und Seligkeit war.
Und Gott drũckte das tote Kind an sein Herz, da bekam es Flügel,
wie der andere Engel, und flog Hand in Hand mit ihm. Und Gott
drũckte alle Blumen an sein Herz; aber die arme, verdorrte Feld-
blume küßte er, und sie erhielt eine Stimme und sang mit allen
Engeln, die Gott umschwebten: einige nahe, andere um sie herum
in großen Kreisen, immer weiter und weiter, bis in das Unendliche,
aber alle gleich glücklich. Und alle sangen sie, kleine und grobe,
das gute, gesegnete Kind und die arme Feldblume, die verdorrt
dagelegen hatte, hingeworfen in den Kehricht, unter dem Unrat des
Umziehtages in der schmalen, dunkeln Gasse.
132. Himmelfahrt.
Heinrich Scharrelmann.
In all den vielen kleinen Scheiben des Gewächshauses spiegelte
sich der Sonnenschein, und unter dem Glase grünte und blühte und
duftete es, daß es eine Lust war. Der Gärtner ging mit der Gieß—
kanne von einem Blumentopfe zum andern und fühlte in jedem die
Erde an, ob sie auch noch feucht genug war, und gab hier einen Schuß
Wasser, nahm dort eine Kellerassel fort, band mit einem Bastfaden
eine Ranke fest oder pflückte ein welkes Blatt ab. Er hatte alle Hände
voll zu tun, denn solch ein großes Glashaus voll blühender und knospender
Blumen macht Arbeit in Fülle.
Da wurde die Tür geöffnet, und eine Dame trat herein. Guten
Morgen, Herr Müller! Ach, da sind Sie ja!“ sprach sie, und als der
Gärtner ihr schnell entgegenging und den Hut zog, rief sie: „Nein,
dieser Blumenduft! O, wie himmlisch ist das hier! Ich wollte, ich
könnte mir auch solch ein Gewächshaus zulegen. Was haben Sie alles
für wunderschöne Sachen: Rosen, Fuchsien, Geranien, Begonien und
— ja, das meiste kenne ich nicht mal mit Namen!“
„Darf ich Ihnen heute etwas ganz Besonderes zeigen?“ fragte
Herr Müller und nahm von dem obersten Borde einen Topf mit Veilchen.
„Sehen Sie, das ist eine neue Sorte,“ setzte er hinzu, als seine Kundin
herangetreten war, „sie blüht freilich für Veilchen etwas spät, aber
sie duftet wundervoll.“ Er hielt ihr den Blumentopf hin. Aufmerksam