Full text: Thüringer Sagen und Nibelungensage (Teil 1)

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Auch Kriemhild muß büßen für die Bosheit und Falschheit ihres 
Herzens, für ihre unsinnige Rachsucht; denn ihr Hauptzweck (durch 
Blödels Mannen auch die Herren im Saal zu schlagen) scheitert, ihr Kind 
wird vor ihren Augen durch Siegfrieds Schwert von dem Mörder 
Siegfrieds getötet, sie muß Hunderte ihrer Mannen vor ihren Augen 
grausig sterben sehen, ltutß nun den bittern Trank, den iie anderen 
bereitet hat, selbst auskosten und selber furchtbare Todesangst leiden. — 
Zusammenfassung. 
2. Die Burgunden. 
Wie kommen die Burgunden zu dem furchtbaren Gegenschlag? 
Sehr einfach, sie wollen den Schlag vergelten, wollen ihre schmählich 
getöteten Genossen reichen. (Aber ist denn das recht, daß sie Vergeltung 
üben und noch dazu an den unschuldigen Hunnen im Saal, die doch keinen 
ihrer Genossen getötet haben? Die Hunnen haben durch den heimtückischen 
Überfall Friede und Treue gebrochen und Krieg begonnen. Der Krieg 
ist zwischen dem ganzen Hnnnenvolk und dem ganzen Burgundenvolk. 
Im Krieg aber vernichtet man den Feind, wo man ihn findet; zumal 
wenn er eben Taufende von Freunden erschlagen hat. Außerdem glaubten 
auch die Burgunden. daß die Treue gegen ihre gemordeten Genossen 
ihnen die Rache gebiete — Blutrache. —) Und sie sind auch alle die 
rechten Männer zu so furchtbarer Vergeltung: Mutig, tapfer, stark, 
kampfesfreudig, treu. 
Betrachten wir nun im einzelnen, welchen Beitrag die Haupt¬ 
helden der Burgunden zu dem Gegenschlag der Vergeltung geben, 
und als was für Männer sie sich dabei zeigen. 
Dankwart vereitelt durch seine wunderbare Tapferkeit in der 
Herberge den Hauptzweck Kriemhildens, durch Blödels siegreiche Mannen 
auch die Burgunden im Saal plötzlich überfallen zu lassen, und ermög¬ 
licht so erst den furchtbaren Gegenschlag der Burgunden. Denn weil 
er sich durch taufend Feinde durchschlägt und schneller wie alle als 
treuer Bote zu seinen Herren eilt, kann er sie warnen und vor dem Über¬ 
fall durch Übermacht bewahren. Dann aber leistet er seinen Genossen 
noch einen sehr wichtigen Dienst, indem er als Thürhüter bie Hunnen 
Blödels vom Saale abwehrt unb baburch seine Genossen im Saale frei 
macht zur Vergeltung. Zu einem solchen Dienst, bei dem er lange Zeit 
zugleich nach zwei Seiten kämpfen muß, gehört aber auch Mut, Tapfer¬ 
keit, Kraft, Ausdauer, Gewandtheit. Wir bewundern daher in Dank¬ 
wart mit Recht einen der gewaltigsten Burgundenhelden. Und dabei 
zeigt der starke Held auch noch ein mitleidiges und weiches Herz, das 
über die Gefallenen trauert, wenn er spricht: „Euch und Gott im 
Himmel klag ich meine Not..." 
Hagen tritt wie schon öfter als der eigentliche Führer und Herr 
der Burgunden auf, weil er allen überlegen ist an Klugheit, Heldenkraft 
und Rücksichtslosigkeit. Er beginnt, ohne seine Herren zu fragen, den 
Gegenfchlag der Vergeltung, durch den Schlag nach Ortlieb. Das war 
aber nicht bloß grausam, sondern auch voreilig. Denn nicht er, sondern 
fein König hatte über den Kampf zu bestimmen. Auch hatte ja nicht
	        
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