92 III- Die materiellen Grundlagen der deutschen Kultur.
„Tagebauen" ermöglicht wird. Die Braunkohlen-Tagebaue ge-
mähren mit ihren verzweigten Gleisanlagen, ihren riesigen
Trocken-Baggermaschinen, die das Deckgebirge, d. i. die auf der
Kohle liegende Erd- und Geröllschicht, abbringen, einen groß-
artigen Anblick. Zu den Steinkohlenlagern, den „Flözen", muß
schon tiefer in die Erde gegraben werden. Wir finden in Deutsch-
land Flöze von wenigen Zentimetern Dicke bis 311 einer Mäch¬
tigkeit von 12 Metern. Diese Flöze begegnen uns vorzugsweise
in Oberschlesien, während im Westen des Reichs die Flöze kaum
über eine Mächtigkeit von 2 bis 3 Meter hinausgehen. Dafür
wird der Kohlenreichtum aber durch die große Anzahl der Flöze,
oft Hunderte von Flözen, bestimmt. Die Mächtigkeit der Braun-
kohlen wächst bis auf 100 Meter an, wie bei Brühl, südwestlich
von Cöln. (Über die Kohlengewinnung der wichtigsten Kohlen-
länder vgl. stat. Anh. XV a.)
Die Steinkohlenlager sind nicht soweit ausgebreitet
wie die Braun kohlen lagert) Sie sind auf einige wichtige
Distrikte beschränkt. Im Osten besitzt Deutschland den größten
Teil (3600 qkm) des Schlesisch-polnisch-mährischen Stein¬
kohlenbeckens, dessen Ausdehnung auf 5600 qkm geschätzt wird
(siehe S. 47). Andere wichtige Steinkohlenbezirke in Deutschland sind
das Ruhr kohlen decken, der Aachener Bezirk, das Saar-
revier, das Becken von Zwickau und Lugau und das
Niederschlesische oder Waldenburger Becken. Alle diese
Lager gehören der Karbonformation an, wie auch die kleinern
Vorkommen bei Ibbenbüren und Osnabrück, im Schwarzwald
und in den Vogesen. Nachkarbonischen (postkarbonischen) For-
mationen, so dem Rotliegenden, angehörig sind die Lager im
Plauenschen Grund bei Dresden, bei Meisdorf und Ilfeld,
jenes nördlich und dieses südlich am Harz, im Thüringer Wald,
in Oberfranken und in der Oberpfalz. In die untere Kreide
sWaelden) verweisen uns die Flöze am Deister und Osterwald.
Das Wurmrevier der Aachener Steinkohlenablagerungen ist
das Gebiet des ältesten Steinkohlenbergbaus, nicht nur
in der Aachener Gegend, sondern überhaupt in Deutschland, wenn
nicht auf dem gesamten europäischen Kontinent.
Neben den Steinkohlen besitzen auch die Braunkohlen für
Deutschland wirtschaftlich eine außerordentliche Bedeutung, um
so mehr, als die Steinkohlen, wie schon bemerkt, auf wenige
Gegenden beschränkt sind, während die Braunkohlen eine sehr
große Verbreitung haben und in vielen Gegenden auftreten,
die der Steinkohlen entbehren. Braunkohlen werden in den
preußischen Provinzen Rheinland, Hessen-Nassau, Hannover, West-
vreußen, Posen, Pommern, Brandenburg und Schlesien gefördert,
ferner in den Großherzogtümern Hessen und Mecklenburg-Schwerin,
*) Achte besonders auf die Verbreitung auf Karte 20 im Kleinen
Wirtschafte und Verkehrsatlas.