Full text: Deutsche Kulturgeographie

11. Die Landschaften des Baltischen Höhenrückens mit der Ostseeküste. 41 
unerschöpflichem Reiz, wie die „Holsteinische Schweiz" bei Plön, die 
Schweriner Seeidylle u. v. a. m. Mehr düster sind die Seenland- 
schaften des Preußischen Landrückens, wo die Nadelhölzer den Laub- 
hölzern den Rang streitig gemacht haben. Schleswig-Holstein ist arm 
an Wäldern, nach Osten zu wächst der Waldreichtum, und Ostpreußen, 
wo in den königlichen Forsten der Nomintener Heide, im Süd- 
osten von Gumbinnen, noch der Elch gehegt wird, verfügt mit 
über die größten zusammenhängenden Wälder Deutschlands. 
Südlich des Baltischen Höhenrückens laufen breite Talungen, 
alte Urstromtäler, die die Gewässer von der Weichsel, Warthe 
und Oder in der Eiszeit westwärts zur Nordsee führten. Sie 
sind heute noch teilweise mit Sumpf und Moor (Bruch) aus- 
gefüllt (Netzebruch, Oderbruch, Rhinluch). 
In klimatischer Beziehung trennt sich der Baltische 
Höhenrücken in ein westliches und östliches Gebiet. Das untere 
Odertal vermittelt die östlichen und westlichen Klimaeigen- 
tümlichkeiten. Die westlichen Landschaften haben eine mittlere 
Jahrestemperatur von 8° bis 9° C., die östlichen von 7° bis 8° 
und unter 7°. Im Gegensatz zu den westelbischen Gebieten 
halten in der Zone der Landrücken die Niedern Temperaturen 
länger an, und die mittlere Apriltemperatur beträgt 5° bis 6°. 
Infolgedessen ist die Vegetationsdauer kürzer und der Wirtschafts- 
betrieb wegen des längern Winters kostspieliger. 
Die eiszeitlichen Ablagerungen bilden für diesen Teil der 
deutschen Landschaften die Hauptgrundlage der wirtschaftlichen 
Betätigung. Die Eiszeit hat dem norddeutschen Tiefland einfache 
Formen aufgeprägt, und Einförmigkeit spiegelt sich wieder in den 
gesamten Lebensbedingungen, die sich im Ackerbau und in der 
Viehzucht kennzeichnen. Nur wo der neuzeitliche Verkehr und 
neuzeitliche Unternehmungen an die Tür geklopft haben, wie in 
Kiel, Lübeck, Stettin, Danzig, Königsberg, nimmt das Leben reichere 
Formen an. 
Die ostelbischen Landschaften machen in Bezug auf Ergiebigkeit 
die ganze Stufenleiter von dem unfruchtbaren Flugsand der 
Dünen und den eiszeitlichen Sandanhäufungen an bis zu dem 
schwersten, ertragreichsten Boden der Niederung durch. Auf 
engem Raum sind nicht selten große Gegensätze vereint: Ackerland 
und Öde oder Unland, Wiese und Moor. Zumeist wechseln 
schwerer, äußerst ergiebiger Boden (fruchtbarer Geschiebemergel- 
boden) in rascher Folge mit leichtem Sandboden. In Brandenburg 
nimmt der Sandboden über 40 % der Gesamtoberfläche ein. 
Der Boden wird von Jahr zu Jahr verbessert (melioriert), und 
der alte Spottnamen für Brandenburg „Streusandbüchse des 
Deutschen Reichs" kann nicht mehr zu Recht bestehen. Auch der 
gesamte Baltische Höhenrücken ist nicht gerade durch große 
Fruchtbarkeit ausgezeichnet; in der Mitte von Schleswig-Holstein 
bildet er eine plateauartige Geest- und Heidelandschaft, die zu 
den fruchtbaren Marschen der Westküste überleiten, sie gehören
	        
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