Full text: Deutsches Lesebuch für die Oberklassen der Volksschule

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25. Morgenlied. 
Verschwunden ist die finstre Nacht, 
Die Lerche schlägt, der Tag erwacht, 
Die Sonne kommt mit Prangen 
Am Himmel aufgegangen. 
Sie scheint in Königs Prunkgemach, 
Sie scheinet durch des Bettlers Dach, 
Und was in Nacht verborgen war, 
Das macht sie kund und offenbar 
Lob sei dem Herrn und Dank gebracht, 
Der über diesem Haus gewacht, 
Mit seinen heil'gen Scharen 
Uns gnädig wollt' bewahren! 
Wohl mancher schloß die Augen schwer 
Und öffnet sie dem Licht nicht mehr, 
Drum freue sich, wer neu belebt 
Den frischen Blick zur Sonn' erhebt. 
(Schiller) 
26. Morgenwanderung. 
Wer recht in Freuden wandern will, 
Der geh' der Sonn' entgegen: 
Da ist der Wald so kirchenstill, 
Kein Lüftchen mag sich regen; 
Noch sind nicht die Lexchen wach, 
Nur im hohen Gras der Bach 
Singt leise den Morgensegen. 
Die ganze Welt ist wie ein Buch, 
Darin uns aufgeschrieben 
In bunten Zeilen manch ein Spruch, 
Wie Gott uns treu geblieben; 
Wald und Blumen nah und fern 
Und der helle Morgenstern 
Sind Zeugen von seinem Lieben. 
Da zleht die Andacht wie ein Hauch 
Durch alle Sinnen leise, 
Da pocht ans Herz die Liebe auch 
In ihrer stillen Weise, 
Pocht und pocht, bis sich's erschließt, 
Und die Lippe überfließt 
Vor lautem, jubelndem Preise 
Und plötzlich läßt die Nachtigall 
Im Busch ihr Led erklingen,
	        
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