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Geschäft des Zapfens, indem ihm unaufhörlich, die leeren Becher
gereicht wurden, jAls mancherlei besprochen1 und belacht war,
klopfte Behaim, d6r den Vorsitz führte, mit dem Hammer und
fragte alsdann die versammelten, ob sie nicht ein Kampfgespräch
versuchen wollten, j Niemand hatte etwas dagegen. Er fragte
wieder, wer singed wollte, und drei Meister hoben die Hände
auf: Behaim selbst, Hans Sachs und Peter Vischer, der
berühmte Erzgießer. Hans Sachs warf die Streitfrage auf mit
den Worten:
„Ihr Freunde, sagt mir, wenn ihr wißt,
wer der künstlichste Werkmann ist?“
Darauf pries Peter Vischer die Zimmerkunst und Holzschnitzerei,
die zu jener Zeit musterhaft betrieben wurden; Michael Behaim
hingegen rühmte den Steinmetz und die Baukunst hoch; Hans
Sachs aber besang die Malerei, die damals in Albrecht Dürer,
Lukas Kranach und Hans Holbein so berühmte Vertreter
hatte, als eine noch höhere Kunst und trug unter lauten Bei¬
fallsbezeigungen den Sieg davon. Michael Behaim nahm sich
den Kranz ab und setzte ihn dem Hans Sachs auf das Haupt,
Nürnbergs kunstreichem Schuster und Poeten. So verschönerte
man sich in jener Zeit das Leben durch die „löbliche Musica
und liebliche Singekunst“. Nach Hageu.
4L. Luther im Schwarzen Bären zu Jena.
Im Frühjahr 1522 zog Johann Keßler, ein Klosterschüler von
Basel und armer Leute Kind, mit einem Genossen nach Wittenberg,
um dort zu Luthers und Melanchthons Füßen weiter zu studieren.
Was er auf dieser Reise und später in Wittenberg erlebte, das hat
er selbst aufgeschrieben, und so erzählt er folgendes: Da wir, die
Heilige Schrift zu studieren, gen Wittenberg reisten, sind wir nach Jena
im Lande Thüringen gekommen in einem wüsten Gewitter; und nach
vielen Umfragen in der Stadt um eine Herberge, wo wir über Nacht
bleiben wollten, haben wir keine erhaschen noch erfragen können;
überall ward uns Herberge abgeschlagen. Da begegnete uns unter
dem Tor ein ehrbarer Mann, sprach freundlich zu uns und wies
uns nach dem Wirtshaus zum Schwarzen Bären. Und siehe, wie
vorher alle Wirte uns Herberge abgeschlagen hatten, so kam hier der
Wirt unter die Tür, empfing uns und erbot sich selbst gutwillig,
uns zu beherbergen, und führte uns in die Stube. Dort fanden
wir einen Mann allein am Tische sitzen und vor ihm lag ein Büchel.
Er grüßte uns freundlich, hieß uns näher kommen und zu sich an
den Tisch setzen. Unsere Schuhe waren aber so voll Kot und
Schmutz, daß wir aus Scham über die Kotflecken nicht fröhlich in
die Stube einzutreten vermochten, und drückten uns heimlich bei der