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A. Europa.
führen. Auch sind jetzt die Städte Messina und Catania, Palermo und
Termini durch Eisenbahnen verbunden, während andere Eisenbahnen sich
im Bau befinden. Sicilien war einst die Kornkammer des römischen
Reichs, und die Alten können ihre Fruchtbarkeit nicht genug rühmen; jetzt
hat die Insel nur Ueberfluß an wenigen Produkten, obgleich das glückliche
Klima und der treffliche Boden, der noch immer trotz aller Vernachlässigung
eine wunderbare Vegetationskraft zeigt, unstreitig dieselben geblieben sind. —
Ueber Siciliens Oberflächenform, Gebirge und Flüsse (s. S. 395). Die
landschaftliche Physiognomie Siciliens erinnert an die heißen Flächen
Apuliens, wo ebenfalls Mangel an Bewässerung, Wald und Anbau herrscht,
wo der Culturboden auf die nächsten Umgebungen zahlreicher kleiner Städte
beschränkt ist, während der größte Theil des Landes als ein magerer,
steppenartiger Anger daliegt. Die begiinstigtste und ausgedehnteste Küsten¬
ebene ist die von Catania, im O. der Insel. Die Berge, mit Ausnahme
der höheren, und die Hügel sind meist baumlos und nur mit Gesträuch
und wohlriechenden Kräutern bedeckt; der Holzmangel ist daher empfindlich.
Nur auf den höchsten Bergen bleibt der Schnee einige Monate liegen und
wird als ein unentbehrliches Bedürfniß zur Abkühlung des Getränkes weit
und breit versandt. Die mineralischen Schätze dieser Berge werden, mit
Ausnahme von etwas Steinsalz und vielem Schwefel, durchaus nicht benutzt.
Trotz des elenden Anbaues bringt Sicilien doch immer noch viel Getreide
und eine Fülle der edelsten Früchte hervor. Die Dattelpalme und die
Aloe sind hier ganz geniein; letztere dient zu Einzäunungen; Orangenbäume
bilden kleine Wälder. Der Wein von Syrakus und Marsala ist feurig
und würde bei besserer Pflege alle übrigen europäischen übertreffen. Die
Olive wird höchst nachlässig gebaut, daher das Oel ganz schlecht ist; auch
die Seidencultur ist vernachlässigt, der Honig aber verdient noch immer den
Ruf, den er im Alterthum hatte. Zucker und Baumwolle, welche trefflich
gedeihen, sind ganz vernachlässigt. Im Mai und Juni werden die Eantha-
riden oder spanischen Fliegen, welche in Menge ans Afrika herüberkommen,
gesammelt. Das Meer liefert viel Salz, Korallen und sehr viele Fische,
besonders Thunfische und Sardellen. Zn den Landplagen gehören der von
Afrika herüber wehende, hier fiirchtbar heiße Scirocco, die ebendaher kom¬
menden Heuschreckenschwärme, die Anzahl stechender Jnsecten und vorzüglich
die häufigen Erdbeben. — Die Sicilianer sind im Ganzen genommen ein
armes, äußerst unwissendes, höchst schmutziges, dabei jedoch gastfreies und
gutmüthiges Volk. Von Fabriken und Industrie wissen sie nichts; Alles,
was nicht Lebensmittel sind, wird vom Auslande bezogen: selbst die treff¬
lichen Häfen der Insel werden von den Eingebornen lange nicht so zum
Handel benutzt, als bei höherer Betriebsamkeit der Fall sein könnte, und
der Handel ist größtentheils in den Händen der in den Seestädten ange¬
siedelten Ausländer. — Die hier früher bestandene Feudalverfassung und
getrennte Verwaltung ist seit dem Jahre 1837 aus königlicher Machtvoll¬
kommenheit aufgehoben worden. — Die Insel wird jetzt in 7 Provinzen
getheilt, welche die Namen der Hauptstädte Palermo, Trapani, Girgenti,
Caltanisetta, Noto, Catania und Messina führen. Bequemer ist flir
uns die sehr alte Eintheilung in drei Thäler, Valli, nämlich Val di Ma-
zära, Val di Noto und Val di Demöna, deren Grenzen aber von der