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werden zusammengestellt, mit Stricken an beiden Enden gebunden, die
gewobenen Zeltdecken zusammengerollt und diese Bündel auf die beiden
Seiten des Kamels gehangen. Vor dem Zelte steht die Lanze des Fa-
milienvaters, sowie sein angebundenes Pserd; hier schlafen auch während
der Nacht die Kamele, wogegen Schafe und Ziegen der Obhut beson-
derer Hirten anvertraut sind. In seinem Zelte ist der Beduine äußerst
träge; die Fütterung des Pferdes und das Melken seiner Kamele sind
seine einzige Beschäftigung: alles übrige verrichtet das Weib mit ihren
Töchtern.
Die Geräte der Beduinen sind der Natur des Landes und ihrer
Lebensweise ganz und gar angemessen. Eine Matratze ist Sosa und
Stuhl, Tisch und Bett. Um beim Transportieren nicht zu schwere
Lasten zu haben, sind eine Menge Sachen aus Leder angefertigt,
namentlich die Wasserschläuche. Der Schlauch, in welchem die sahnende
Milch sich befindet, wird an einer Stange aufgehängt und so lange
hin und her geschwungen, bis die Butter sich abgesondert hat. Zum
Kochen hat man große kupferne Pfannen, zum Zerstoßen der Kaffee-
bohnen hölzerne Mörser, zum Zerreiben des Getreides eine Handmühle.
Das Brot ist ungesäuert und hat mehr die Form von Kuchen, die
auf erhitzten Blechen oder Steinen backen.
Die Hauptmahlzeit wird bei Sonnenuntergang gehalten, und den
Tisch bildet der Fußboden, über den man eiue Decke breitet. Die Ge¬
sellschaft sitzt mit gekreuzten Beinen im Kreise herum, und in Allahs
Namen fahren ein Dutzend Hände aus einmal in die Schüssel, die ge-
wohnlich Reis und zerhacktes Hammelfleisch oder Ziegenfleisch enthält.
Messer und Gabeln werden bei der Mahlzeit nicht gebraucht, daher man
sich auch vor der Mahlzeit waschen muß. Zu den Geschäften der
Frauen gehört auch das Weben der Decken. Der Webstuhl ist ebenfalls
sehr einsach. Man steckt zwei Stäbe in die Erde, legt einen dritten
darüber, macht es mit drei anderen Stäben, 2,5 m von den ersten ent-
fernt, ebenso und — der Webstuhl ist fertig. Über die horizontalen
Stäbe kommt der Aufzug, ein Stück Holz dient als Webeschiff und ein
kurzes Gazellenhaar zum Anschlagen der Fäden.
Während die Frau im Zelte beschäftigt ist, sitzt der Mann oder
Bruder vor dem Zelte, raucht fein Pfeifchen oder spricht in einem
anderen Zelte gastlich ein, wenn er merkt, daß daselbst ein Fremder
angekommen sei, von welchem er die Neuigkeiten zu erfahren gedenkt.
—- Die Gastfreundschaft ist des Beduinen Hauptruhm. Obwohl
er, trotz aller Mäßigkeit, kaum selbst genug Lebensmittel für sich und
die Seinen hat und daher lieber nimmt als gibt, ja nicht feiten auf
Raub und Betrug ausgeht, so übt er doch die Gastfreundschaft, weil
sie ihm der Koran, die Ehre und die uralte geheiligte Sitte befehlen.
Wer in das Zelt eines Beduinen tritt, ist mit Leib und Gut sicher
im Schutze des Besitzers und wird von ihm bewirtet; ja wenn er nur
einen einzigen Beschützer in irgend einem Stamme hat, so wird er der