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IV. Reise um die Erde.
vor der Küste, die uns zeigen, wie große Massen von Sinkstoffen (Schlamm)
einFluß jährlich immer von neuem dem Meere zuführt, jagen die „weißenRosse
des Meeres", die Wellen der Brandung. Diese entsteht, wenn die Wellen
auf die Küste stoßen, sich überstürzen oder „brechen" und an ihr schaumspritzend
hinauflaufen. Vor den gefährlichsten Sanden oder Riffen tanzen auf den
stets bewegten Gewässern stark verankerte Feuerschiffe, die bei Nacht Lichter
zeigen, um den Schiffer zu warnen * (Bild 36). Auch bemerken wir hohe
Leuchttürme, deren Blinkfeuer des Nachts den Schiffen die Richtung weisen
(Bild 37 u. 38). Denn „Nordsee —Mordsee!" Die letzte Landspitze schwindet,
nur fern im Norden winkt der 60 nr hohe rote Sandsteinfelsen von Helgo¬
land, einem Jnselchen, das seit 1890 wieder zum Deutschen Reiche gehört
und Lotsenstation ist. Jetzt bemerken wir die ersten Delphine, und zahlreiche
Möwen, die weit hinausfliegen, auf den unruhigen Wassern schlafen und auf
den Sandinseln der Nordsee brüten, umflattern unser Schiff.
43. Es wird Nacht. Aber es ist für alle Bedürfnisse gesorgt, 1250 Passa¬
giere finden Unterkunft in Kajüten imb im Zwischendeck. In „Salons" mit
elektrischem Lichte versammeln sich beim Klange der Musik die einander meist
noch unbekannten Reisenden, die auf den: Dampfer Essen und Getränke finden
wie in: besten Gasthaus auf den: Lande. Am Morgen durchkreuzen wir ganze
Flotten von Fischerfahrzeugen, Seglern und Dampfern, die hier nament¬
lich dem Schellfisch nachstellen. Es sind Engländer, Holländer, Norweger,
Dänen und Deutsche. Weiter im N fischen noch größere Flotten ans der „Hoch¬
see" mit Netzen von je mehreren hundert Metern Länge nach Heringen. Die
an einem quadratischen, eisenbeschlagenen Brett befestigten und vom langsam
fahrenden Schisse nachgezogenen Schleppnetze fegen sogar den Meeresgrund.
Denn die Nordsee ist nicht sehr tief, im südlichen Teile nur 20, selten über 40 m.
Hier würden mittelhohe Kirchtürme, auf den Grund gestellt, ihren Spiegel,
d. i. die Oberfläche eines Gewässers, meist überragen. Die Farbe der See
ist hier blaugrün. Spritzwellen schlagen über den Vordersteven und stillen
einen Eimer. Wir kosten das Wasser. Welch abscheulicher Geschmack! Bitter,
faulig, besonders sehr salzig. Alles Meerwasser ist salzig, in Meeren wie
der Ostsee allerdings viel weniger, da diese mit dem salzreicheren Weltmeere
nur durch schmale Straßen verbunden ist und viele Flüsse ihr süßes Wasser
in sie ergießen.
Ein in das Wasser des Eimers hineingestelltes Thermometer zeigt nach
einiger Zeit 15°, und im August wird die Wärme noch um 1° höher sein,
während es auf dem festen Lande schon wieder kühler wird. Denn das
Wasser erwärmt sich viel langsamer als das Land, hält aber dafür die Wärme
länger fest. So wirkt das Meer im Winter erwärmend, im Sommer ab¬
kühlend auf die umliegenden Länder, deren Klima deshalb Seeklima ge¬
nannt wird.
* Bei Tage versehen hohe Baken diesen Zweck (Bild 32).