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Gebirge über das flache Land, Inseln über das Meer emporhebt. Alexander
von Humboldt sagt (Kosmos I.): „Nichts kann uns Sicherheit geben, daß
jene Plutonischen Mächte im Lauf kommender Jahrhunderte den bisher ans-
gezählten Bergsystemen nicht neue hinzufügen. — Die Ruhe, die wir ge-
uießen, ist nur eine scheinbare." Nicht geringeren Antheil an der Bildung
der Erdoberfläche hat noch jetzt das Wasser. Hier begräbt das Meer das
Land allmälig oder plötzlich, dort baut und mehrt es dasselbe. Ja selbst
die Flüsse des Laudes halfen und helfen noch immer dazu mit.
Daß auch die Korallen, jene merkwürdigen Pflanzenthiere, ja selbst die
Infusorien zum Bau des Erdkörpers mitwirkten und wirken, sei hier gleich-
falls nur erinnert.
Das Alter der Erde und der Zeitpunkt, von welchem sie von Menschen
bewohnt, läßt sich begreiflich nicht mit positiver Gewißheit bestimmen; aber
nach den Schichten der Erdoberfläche und den unter ihnen gefundenen
Pflanzen-, Thier- und Menfchenresten, den aus den Beobachtungen des
Wachsthums von Korallenriffen sich ergebenden Folgerungen (s. Florida) ?c.
geben ihr die Geologen ein viel beträchtlicheres Alter, als man sonst ge-
glaubt.
Jene Reste der Vorzeit, wie die lebenden Zeugen der Gegenwart bilden
zugleich die geheimnißvollen Charaktere für die Entzifferung der Geschichte
des Erdenlebens und der verschiedenen Bildungsepochen, welche durch die in
den Wissenschaften für sie gebräuchlichen Benennungen wenig verdeutlicht
werden. In der ersten dieser Epochen, der Primordialzeit (der Zeit der
ersten Entstehung), in der gewaltige Schichten von kieselsaurer Thou- und
Kalkerde, von Grauwacke und schwarzem Schiefer sich niederschlugen, gab es
noch keine landbewohnenden Organismen, sondern nur im Wasser lebende
Tangen oder Algen und die einfachsten (Schleim-) Thiere (Protozoen,
Moneren); in der zweiten, der Primärzeit, in der Schichten von Kalk,
Mergel, Sandstein, Kohlenschiefer, Steinkohlen und jüngerem rothem Sand-
stein (Roth- oder Todtliegendem) entstanden, Farnpslanzen von riesiger
Größe (unsere heutigen Steinkohlenschätze), Fische und die ersten land-
bewohnenden Thiere, als Spinnen und Insekten und eidechsen-
artige Reptilien; in der Secundärzeit, in welcher Muschelkalk mit
Steinsalz und Keuper (Triasepoche), der (kugelig-schaalige) schwarze Jura-
oder Liasschiefer, der brauue (eisenhaltige) und der weiße Jura(kalk),
Kreide und Quadersand die Schichten bilden, Nadelwälder (Coniferen) und
Reptilien, besonders Rieseneidechsen, sowie die den Uebergang zu
Säugethiereu vermittelnden Schnabel- und Bentelthiere (Känguruh);
in der Tertiärzeit mit Gyps, Grobkalk, Braunkohlen (verkohlte Nadelhölzer
und Palmen), Molasse und Süßwasserkalk Laubwälder und Säugethiere,
vorzugsweise die tapirartigeu Pflanzenfresser, große Nage- und Fanlthiere
und Affen; in der Omartärzeit (Glacial-, Postglacial- und Culturzeit), in
welcher das Schwemmland der Vorzeit, Diluvium, aus Sand, Kies und
Lehm bestehend und das Angeschwemmte der Jetztzeit, Alluvium, Sand,
Lehm-, und Mergelschichten, entstanden, Menschen, sür deren EntWickelung
man die drei Perioden der Stein-, Brome- und Eisenzeit annimmt.