Full text: Deutsches Land (Theil 1)

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Binnenwässer, betritt sein Fuß die Hunderte von Ruinen alter 
Burgen, deren steinernes Zeugniß ihm die Vernichtung einer 
großen Vergangenheit vor das Auge hält, oder tritt er in die 
heiligen Dome, gebaut von der Väter frommem Sinne, preisend 
die Allmacht dessen, der ein Gefühl für das Große in jedes Menschen 
Brust legte, dann ruft er in Begeisterung: „Es war ein kräftiger 
Volksstamm, der dies Alles schuf! Welche Gewalt wohl mochte 
ihn beugen und seine Werke der Vernichtung Preis geben?" Und 
setzt er weiter den wandernden Fuß und eilt er vielleicht vorbei 
vor dem Schlosse eines Edeln, da fesselt ihn plötzlich ein sonder- 
bares Schauspiel: der Geist des Mittelalters scheint seine Thaten 
vor ihm zu entfalten, denn aus dem alterthümlich-gothifchen 
Schlosse stürmt ein lustiger Jagdzug hervor, und wenn auch die 
Ritter in Stahl und Eisen fehlen, so fehlt doch die wilde Meute 
nicht, noch der zahlreiche Jagdtroß, noch die Hunderte von Bauern, 
das Wild zu umstellen, und statt der Ritterharnische strahlen die 
glänzenden Jagdgewehre der fürstlichen Jäger. — 
Und weiter setzt er den wandernden Fuß, und die Sonne eilt 
ihrem Höhepunkte am Mittage zu und sendet glühende Strahlen 
von oben herab; da schlägt plötzlich der laute Ton eines viel- 
stimmigen, wehmüthig-süßen Liedes an sein Ohr, und wie er um 
die Waldecke beugt, sieh', da liegt vor ihm eine unabsehbare Ebene. 
Im weißen Glänze wogt die üppige Saat zur Ernte gereift, von 
dem leisesten Lüftchen bewegt, und tausend fleißige Hände wühlen 
in den Massen des göttlichen Segens und thürmen sie unter 
heiterem Geschwätz und munterem Gesang zu hohen Garben auf. 
Denn Gesang ist des Böhmen belebendes Element; im Gesänge 
findet er seine Freude, seine Beruhigung, sein Entzücken, den Aus- 
druck jedes, selbst des tiefsten Gefühls. Gesang versüßt ihm die 
Arbeit, versüßt ihm das Leben. 
So ist Böhmens Land und Böhmens Volk. 
E. Jordan. 
Baiern. 
Gegen Süden von der Donau, zwischen der Jller und dem 
Traunfluß, hat ein vor Alters anbrandendes Meer und in späterer 
Zeit das reißende Gewässer der Gebirge an die Alpen hinan ein
	        
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