Full text: Deutsches Land (Theil 1)

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des: Der wilde Ritter von Gailingen Eppelin, der guten Stadt 
Nürnberg geschworner Feind, der von seiner Burg aus ihren 
Wagenzügen auflauerte und ihr vielen Schaden zugefügt harte, 
war endlich auf einem Streifzuge in ihre Gewalt gerathen, und 
der erbitterte Senat verdammte ihn zum Tode. Auf der Burg 
schmachtete er im Verließe, und der Tag war da, an welchem er 
sein schädliches Leben zur Sühne hergeben sollte. Nun heischt 
der Gebrauch, daß dem zum Tode Verurtheilten vor seinem Ende 
noch die Erfüllung eines Wunsches gewährt wird. Auch dem 
armen Eppelin kam diese Wohlthat zu Gute, und er wünschte 
nichts, als sein gutes und getreues Roß noch einmal besteigen 
und im Hose tummeln zu dürfen. Es ward zugestanden. Der 
mit ihm gefangene Knappe sattelte das Roß und zäumte es auf; 
lange war dem Thiere solches nicht begegnet und es wieherte hell 
im Stalle. Und als es nun vorgeführt ward und der Ritter es 
bestieg, da erkannte das Roß seinen Herrn und schüttelte freudig 
seine Mähne. Erst ging es ruhig und stolz im Kreise, schaute 
sich um und schnob mit den Nüstern. Die Hand seines Reiters 
klopfte seinen kräftigen und schlanken Hals und die Muskeln des 
edlen Thieres schienen unter dieser Liebkosung zu schwellen, seine 
Hufe schlugen zürnend den Sand und die Adern an seinen Schenkeln 
pochten. Immer kräftiger, immer rascher wurde der Gang des 
Braunen im Kreise, er setzte sich auf die Kruppe und erhob die 
Vorderfüße zum donnernden Galopp. Nur leise, nur leicht be- 
rührte der Sporn des Ritters seine Weichen, aber das Roß tum- 
melte sich gewaltig innerhalb des Mauerrings. Zurück wichen die 
Gefangenwärter und Kerkerknechte vor dem Kies und den Steinen, 
die es mit seinen Füßen hoch in die Luft schleuderte. Aber das 
Thor war wohl verwahrt und an ein Entrinnen des Gefangenen 
nicht zu denken. 
Da hob sich das Roß. Beide Sporen drückte der Ritter in 
seine Seiten, holte tief Athem, beugte sich nach vorn und umfaßte 
den Hals seines Thieres, unter dessen Hufeisen Funken sprühten. 
Und ehe es sich die Knechte versahen, befand er sich, wie durch 
ein Wunder hinaufgehoben, auf dem Rande der Mauer; aber nur 
während der Dauer eines Athemzuges, nur so lange als nöthig 
war, um den Absatz zu dem kühnsten Sprunge zu nehmen, der 
jemals gethan worden ist; denn das Roß setzte mit gewaltiger 
Kraft über den breiten Burggraben und erreichte jenseits den
	        
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