Veranschaulichungsmittel im weitem Sinne.
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such mit gemeinsamen Ferienwanderungen gemacht
werde*).
Beispiel einer Landschaftsschilderung:
Der Sognefjord.
Nach dem Besuche von Bergen ist der grosse, 180 km lange Sognefjord
unser Reiseziel. Aus einem breiten Hauptarme und aus rechtwinklig sich ab¬
zweigenden kurzen und schmalen Nebenarmen bestehend, gibt er wohl noch
besser als der Hardangerfjord eine Vorstellung von der Fjordbildung. Wir
denken uns an eine seiner östlichsten Verzweieungen, nach Lärdalsören versetzt,,
von wo wir die Fahrt durch die ganze Länge des Fjordes zurück bis nach Bergen
machen wollen
Es ist 1lib Uhr morgens. Unser Gut (spr. gött = Kutscher), der uns am
vorigen Tage durch das Lardai, dessen Verlängerung der Sognefjord ist, ge¬
fahren hat. bringt uns in eiligem Trabe zum Dampfschiffe. Der heulende Ton
der Schiffspfeife meldet schon die baldige Abfahrt an. Wir nehmen auf dem
Verdeck Platz. Bald ist das Schiff in voller Fahrt. Morgendämmerung liegt auf
dem Wasser des Fjordes, und Morgenstille herrscht ringsum. Himmelhoch und
steil ragen die Fjordwände empor Sie sind so nahe zusammengerückt, dass
wir uns in einer engen Gebirgsspalte zu befinden glauben. Wir betrachten die
einander gegenüberliegenden Wände Ihre Ähnlichkeit in Höhe und Gestalt
fällt uns auf; scheint es nicht, als ob sie früher in Zusammenhang gestanden
hätten? Meist sind die Abhänge kahl und zeigenden nackten Fels. Nur einige
tiefer gelegene und nicht zu steile Abhänge haben etwas Birkenwuchs, zwischen
dem sich hier und da auch eine Kiefer, aber keine Tanne zeigt. Oft nehmen
die Bergwände schöne Formen an. Malerisch ist stets der Fernblick in die
Tiefe des Fjordarmes, den wir eben durchfahren. Vorspringende Bergwände
scheinen ihn von Zeit zu Zeit zu schliessen. Aber andere Felsvorsprünge, deren
dunkle Umrisse dahinter auftauchen, lassen seine Fortsetzung erraten. So oft
ein Vorsprung umfahren ist, tut sich ein neues Fjordbild auf. Tiefernst schauen
die Bergwände uns entgegen, von den tiefblauen Fluten noch düsterer gefärbt.
Wie ernste Stirnfalten sehen die Furchen aus, die sie von oben bis unten durch¬
ziehen. Die bei der Schneeschmelze in grosser Zahl herabrinnenden Wasser¬
adern haben diese gegraben. Auch jetzt im Spätsommer rieseln noch viele
weisse Schaumbäche herunter ; wie lange Schleier wallen sie herab und beleben
das düstere Bild.
Der Wasserspiegel liegt in völliger Ruhe da. Fast geräuschlos teilt das
Schiff die stillen Wellen. Wir sind aus dem Auerlandsfjord in den noch viel
engeren Arm von Gudvangen gesteuert. Der heulende Ton des Dampfschiffes,
das Signal für diese Station, unterbricht plötzlich die Morgenstille. Wie von
einer Riesenorgel hallt es wieder, zunächst von den vorderen Bergwänden ; die
hinteren nehmen den Ton auf und tragen ihn fort. Weit in der Ferne hallt es
noch wieder, und das lauschende Ohr weiss nicht das völlige Verhallen festzu¬
stellen; denn noch immer geht ein stilles Sausen durch den Fjord.
Von der Station Gudvangen geht die Fahrt zurück in den Hauptarm des
Fjordes und dann durch diesen westwärts. Die Wasserstrasse ist jetzt breit.
Die Sonne umspielt auch .den Fuss der Bergwände und malt die Welle des
Wassers. Nicht mehr so gewaltig ragen die Bergwände empor. Aber auf eine
andere Schönheit des Fjordes wird jetzt das Auge aufmerksam. Es schaut die
Schneefelder, die überall in der Ferne von den Bergen herniederblicken. Mehr¬
mals zeigen sich auch grössere Gletscher, die sich durch die Talfurchen he-ab-
senken. Von den entferntesten Bergen blickt der Schnee wie hinter einem
blauen .Schleier hervor. Mehr und mehr nimmt zugleich der Laubschmuck der
*) Eine ausführliche Bearbeitung des Themas enthält meine Schrift :
„Die erdkundlichen Raumvorstellungen" in dem Abschnitte „Die An-
regung, Unterstützung und Leitung der erdkundlichen Vorstellungstätigkeit durch
den mündlichen Unterricht bezw. Vortrag des Lehrers".