Full text: Die Landschaften Europas (Bd. 2)

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Das Karpatenland und die Ungarische Tiefebene. 
Gebirgsgebiete kennen lernen. Inmitten der Tiefebene liegen nur die 
Kohlenschätze des Fünfkirchener Höhenzuges auf der West¬ 
seite der Donau. Das Flachland selbst bietet nur Thonlager 
und an der unteren Theiss Salpeter, der sich aus dem stark 
natronhaltigen Boden ausscheidet und von den Bauern im Neben¬ 
erwerb eingesammelt wird. Der Salpeter dient zur Bereitung von 
Soda und von Pulver. Viehzucht und Ackerbau sind also nicht 
die einzigen Erwerbsquellen der Bewohner. 
Die Strom Verbesserungen an der Tlieiss und Donau. 
Bei Betrachtung des Kulturbildes der Grossen Ungarischen 
Tiefebene müssen wir auch grosser Kulturarbeiten gedenken, 
nämlich der umfangreichen Stromverbesserungen, die im Laufe 
des letzten Jahrhunderts besonders an der Donau und Tlieiss 
ausgeführt wurden. Es handelte sich bei ihnen um einen doppel¬ 
ten Zweck. Einmal sollte das Fahrwasser der beiden Ströme 
verbessert werden, zweitens sollten ihre versumpften Ufer¬ 
gelände entwässert und, nachdem sie in wertvolles Kulturland, 
in Wiesen uno Acker verwandelt worden waren, vor Über¬ 
schwemmungen geschützt werden. 
Am grossartigsten sind die Arbeiten, die im Theissgebiete 
vorgenommen wurden. Sie verschlangen seit 1854 allein etwa 
50 Millionen Mark. Sie waren von mancherlei Missgeschick lie¬ 
gleitet und lehren, dass alle Kulturarbeit des Menschen sicli 
auf die gründlichste Kenntnis der Landesnatu.r stützen 
muss. Man hatte riesige Dämme zu beiden Seiten der Theiss auf¬ 
geführt. Diese erfüllten ihren Zweck, nämlich die in Anbau ge¬ 
nommenen Ländereien vor den bekannten Hochwasserfluten zu 
schützen. Aber man hatte vergessen, dass der Strom jetzt, nach¬ 
dem er sich nicht mehr willkürlich ausbreiten konnte, einen viel 
höheren Wasserstand erreichen musste. Auch hatte man die 
stauende Wirkung eines gleichzeitigen Hochwassers der Donau 
unterschätzt. Diese vermag in Hochwasserzeiten nicht einmal ihre 
eigene Wasserfülle durch den Engpass von Kazan abzuführen. Für 
die Fluten der Theiss hatte sie erst recht keinen Raum mehr. 
Sie konnten an der Mündung nicht herausfliessen, sie stiegen, von 
den kostspieligen Dämmen gehalten, immer höher, und es trat 
jenes furchtbare Ereignis ein, das der grossen Stadt Szegedin 
an der unteren Theiss im Jahre 1879 den Untergang bereitete. 
Jetzt erkannte man, dass die Arbeiten an der Theiss nur 
Sinn und Wert haben, wenn sie im engsten Zusammenhang 
mit den Arbeiten an der Donau ausgedacht und ausgeführt 
werden, und dass es sich für beide Ströme vor allem darum 
handele, das Durchbruchsthal der Donau zu erbreitern oder dem 
Wasser durch den Bau eines Kanals dort einen zweiten Ausweg 
zu öffnen. Grosse Arbeiten sind noch auszuführen, bis die frucht¬ 
baren Ufer der Donau und Theiss völlig der Kultur gewonnen sind. 
Yon den Kanalbauten, die einerseits zur Entsumpfung 
des Landes, anderseits zur Herstellung neuer Schiffahrts-
	        
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