Full text: Die Provinz Hessen-Nassau (H. 2)

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Von Treysa ab fließt die Schwalm am Gilserberger Gebirge 
entlang nach Norden und nimmt hier die Gilsa auf. Die Ebene 
an diesem Flüßchen ist sehr fruchtbar und als „Löwensteiner 
Grund" weit bekannt. 
Bald nach der Einmündung der Gilsa wendet sich die Schwalm 
in scharfer Biegung nach Osten. Hier wird ihr das Tal durch die 
Alten bürg (431 m) von Süden und durch den Hundsberg 
(332 in) von Norden her so eingeengt, daß für den Fluß nur eine 
schmale Psorte (Schwalmpforte, Porta Schwalmiana) bleibt. Durch 
sie tritt die Schwalm in die fruchtbare Ebene von Wabern ein 
und ergießt sich hier in die Ed er. Am linken Ufer dieses Flusses 
bietet auf steiler Anhöhe die Stadt Fritzlar (3500 Einw.) mit 
ihren alten Mauern einen malerischen Anblick. Sie hat einen schönen 
Dom, eine Garnison und eine staatliche Präparandenanstalt. Fritzlar 
ist für die hessische Geschichte ein sehr bedeutsamer Ort. Ju dem 
J/2 Stunde entfernten Dorfe Geismar fällte Bonifatius auf seinem 
Zuge durch die Hessische Senke die Donareiche; auf dem Büra- 
berge gründete er einen Bischofssitz, und in Fritzlar erbaute er ein 
Kloster und eine Kirche. Fritzlar war der Lieblingsaufenthalt des 
Herzogs Konrad von Franken, der von 911 — 918 deutscher König 
war. Heinrich I., Konrads Nachfolger, wurde hier von den Franken 
als König anerkannt. 
Die Gegend nordöstlich von Fritzlar um Gudensberg (2200 Ein- 
wohner) hat ebenfalls historische Bedeutung. Die Stadt liegt am 
Fuße des Odenberges. Die Namen des Ortes und des Berges 
erinnern daran, daß hier einst Wodan, der oberste Gott der alten 
Chatten, verehrt wurde. Wo heute das Dorf Metze liegt, war einst 
das alte Mattium, der Opferplatz der Chatten. Hier überfiel sie 
Germanicus 15 n. Chr. bei einem großen Opferfeste und zerstörte 
ihr Heiligtum. Bei dem Dorfe Maden (ehemals Mathanon), wo 
auf der Maderheide als steiler Basaltfelsen der Maderftein sich er- 
hebt, war die uralte Versammlungs- und Gerichtsstätte für den Gau. 
Diese Örtlichkeit war dazu besonders geeignet, weil hier in der Nähe 
die bedeutendsten Flußtäler und damit die wichtigsten Verkehrswege 
des alten Hessenlandes zusammentreffen. Daß hier die Mitte dieses 
Gebietes war, deutet wohl auch der Vers an: 
„Dissen, Deute, Haldorf, Ritte, Baune, Besse, 
Das sind der Hessen Dörser alle sesse." 
(Die Dörfer sind nicht weit von Gudensberg gelegen; der Spruch 
ist wahrscheinlich ein Spottvers der den Hessen benachbarten Sachsen). 
Die Fruchtbarkeit der Gegend bezeugt der Reim: „Dorle, Werkel, 
Lohne, Hessenlands Krone." 
An den Odenberg knüpft sich u. a. folgende Sage: In der Nähe des 
Berges mußte Kaiser Karl der Große einst in einer blutigen Schlacht vor der 
Übermacht der Sachsen zurückweichen. Als die Feinde ihn hart bedrängten, 
bat er Gott um Rettung. Da öffnete sich der Berg und ließ den Kaiser mit 
seinen Scharen ein. Alle sieben Jahre verläßt Karl mit seinem Heere in der 
Geisterstunde den Berg und hält eine nächtliche Heerschau ab. Man hört dann
	        
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