Full text: Die Provinz Hannover (H. 4)

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den mächtigen Grafen von Winzenburg verdankt. Die Stadt hat 
sich in den letzten Jahrzehnten außerordentlich entwickelt; sie zählt 
jetzt 5400 Einwohner. Den Ackerbau hat die Industrie des Ortes sehr 
in den Hintergrund gedrängt. Flachsbau, Getreidebau und Vieh- 
zucht, die ehedem zum Handel anregten, sind zurückgegangen. Große 
Fabriken (Papierfabrik, Schuhleistenfabrik, Eisenwerke), die Hunderte 
von Arbeitern beschäftigen, beeinflussen jetzt das städtische Leben. 
Der Landsaum des Hügellandes östlich von der Leine. 
Mit dem bisher besprochenen Berglande des Leinegebiets be- 
rühren wir den Fuß der Erhebungen im Süden unserer Provinz. 
Dieser Landsaum reicht von den Bergen an der Innerste und der 
Leinepforte bei Nordstemmen bis zu einer Linie, die von Hannover 
über Peine zur Oker zieht. Was in Jahrtausenden Wasser und 
Wind von den zerbröckelnden und verwitternden Gesteinen der Berge 
herabtrugen, das bedeckt heute als dicke Bodenschicht die darunter- 
liegenden ursprünglichen Höhen und Thäler. Diese Deckschicht des 
Bodens ist je nach dem Gestein der Berge, von denen sie stammt, außer- 
ordentlich verschieden; aber durchweg ist sie von großer Fruchtbarkeit. 
Dieser vorzügliche Boden ernährt eine zahlreiche Bewohnerschaft. Der 
Ackerbau ist hier die Hauptbeschäftigung, aus der auch Industrien her- 
vorgewachsen sind. In den meisten der schmucken Dörfer ragen nämlich 
die Schornsteine von Genossenschasts - Molkereien und Aktien - Zucker- 
fabriken auf, die die Wohlhabenheit der Bauern vermehren. Das 
schlichte sächsische Bauernhaus entsprach den erhöhten Ansprüchen, die 
der reich gewordene Landmann an die Wohn- und Wirtschaftsgebäude 
stellte, nicht mehr, und lo ist es hier aus dieser Gegend sast völlig 
verschwunden, und an seine Stelle sind villenartige Wohnhäuser und 
mächtige Vieh- und Vorratshäuser getreten. Die Bauernsöhne be- 
suchen das Gymnasium oder die Laudwirtfchaftsfämle in Hildesheim, 
die Töchter werden in Töchterschulen und Pensionate gegeben; auch 
bestehen vielerorts Privatschulen sür die Kinder der Bauern, die 
aber zum Teil mehr den Bauernstolz als den Bildungsdrang be- 
friedigen können. In den letzten Jahrzehnten, in denen die Zucker- 
industrie und die Nutzbarkeit der Landwirtschaft überhaupt zurückge- 
gangen sind, sind die unter der fetten Deckschicht des Bodens liegenden 
Erdschätze erschlossen, und so ist der Wert dieses Bodens noch gestei- 
gert worden. Neben großen Gips-, Kalk-, Mergel- und Kalilagern, 
die man abbaut, birgt der östliche Teil zwischen Peine und Hildesheim 
3—4 m dicke, wertvolle Lager von Brauneisenstein dicht unter der 
Oberfläche, so daß ihr Abbau sehr lohnend ist. Aus diesen Lagern 
gewann 1899 das große Schmelzwerk Jlseder Hütte 4'/g Mill. Ctr. 
Roheisen, welches dann in den dazu gehörenden Peiner Walzwerken 
verarbeitet wurde. 
_ Eine besondere Umänderung ihrer Verhältnisse erhält die Land- 
Wirtschaft im westlichen Teile dieses Landgebietes durch den Einfluß
	        
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