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er infolge seines Temperaments in allen Schlachten zu lebhaft, zu 
unruhig war. Wenn die Truppen ihre Befehle hatten, fo konnte er die 
Ausführung kaum erwarten, und alle Bewegungen schienen ihm zu lang¬ 
sam. Die Reiterei war feine Lieblingswaffe. Seine Kriegsführung 
zeigt überall denselben Charakter des Eifers und der Kühnheit, immer 
dringt er, keine Gefahr kennend, entschlossen auf den Feind. 
Von feinem Gleichmute in Gefechten, von feiner Todesverachtung 
werden viele Züge erzählt. Im größten Kugelregen bei Ligny rauchte 
er gelassen feine Pfeife, die er an der brennenden Lunte des nächsten 
Kanoniers angezündet hatte. Diese Unerschrockenheit bedurfte nicht der 
Spannung, die das Schlachtfeld in der Seele zuweilen erst erweckt. Aus 
dem Schlafe aufgerüttelt, um die Meldung zu vernehmen, daß Napoleon 
eine neue, ebenso unerwartete als kühne Bewegung ausführe, antwortete 
Blücher gähnend: „Da kann er die schönsten Schmiere kriegen," gab die 
nötigen Befehle und drehte sich gelassen zum weiteren Schlafe auf die 
andere Seite. Durch solche Art, zu fein und die Dinge zu nehmen, 
hatte Blücher eine unwiderstehliche Wirkung auf das Volk; der gemeine 
Mann war ihm überall, wo er sich zeigte, sogleich zugethan; selbst in 
Frankreich fühlte das Volk eine Art Vorliebe zu ihm. Insbesondere war 
ihm die Gabe eigen, mit den Soldaten umzugehen, sie zu ermuntern, 
anzufeuern; mit dem Schlage weniger Worte, wie sie ihm der Augenblick 
eingab, durchzuckte er die rohesten Gemüter. Ebenso glücklich trafen 
oft seine Scherzworte, z. B. wenn er einem Bataillon Pommern, das 
beim Eindringen in Frankreich viel gelitten hatte und in fast düsterer 
Haltung einherzog, tröstend zurief: „Nun, Kinder, sollt ihr auch so lange 
in Frankreich bleiben, bis ihr Französisch könnt." Am Tage vor seinem 
Marsche nach Waterloo hatte Blücher an den Folgen eines Sturzes 
vom Pferde im Bette zubringen müssen, und als er unmittelbar 
aus dem Bette wieder aufs Pferd wollte, um mit seinen Truppen zur 
neuen Schlacht auszurücken, war man für den übel zugerichteten Greis 
nicht ohne Sorgen. Der Wundarzt wollte ihn zu guter Letzt einreiben; 
Blücher aber versetzte, als er die Anstalten sah: „Ach was noch erst 
schmieren! Laßt nur sein; ob ich heute balsamiert oder nnbalsamiert 
in die andere Welt gehe, wird ans eins herauskommen." Er erhob sich, 
ließ sich ankleiden und setzte sich wohlgemut zu Pferde, obgleich ihn 
bei jeder Bewegung die gequetschten Glieder schmerzten. Als er sah, 
wie stark es geregnet hatte, und daß es noch immer fortregnen 
werde, sagte er: „Das sind unsere Verbündeten von der Katzbach, da 
sparen wir dem Könige wieder viel Pulver." Aber der Weg wurde 
immer schlimmer, und es wollte in dem durchweichten Boden gar nicht
	        
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