Full text: Bodenständiger Unterricht

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Denn jeder hat in seinem Unterricht viele heimatkundliche Stoffe 
zu behandeln, die Anschauungsbeispiele und Anwendungs- und 
Übungsaufgaben in erster Linie der Heimat zu entnehmen. 
Über den gegenwärtigen großen Nachteil, der sich daraus, daß 
die Unterrichtsstoffe nicht bodenständig sind, für den Erfolg der Schul- 
arbeit und für die Ausbildung der Schüler für das Leben ergibt 
und ergeben muß, macht man sich kaum Gedanken. Man ist im 
Gegenteil mit dem allgemeinen Unterricht durchaus zufrieden und 
meint, er mache auch ausreichend mit der Heimat bekannt. 
Das aber ist ein folgenschwerer Trugschluß. Seine Wirkungen 
sind viel schlimmer, als man gemeinhin annimmt, und er ist um so 
unbegreiflicher, als jeder an sich und andern täglich erfahren kann, 
wie falsch er ist. 
Denn wer kennt heute wirklich die Heimat? 
Wer weiß über die heimischen Pflanzen, Käfer, Raupen, 
Schmetterlinge, Vögel, Pilze usw. Bescheid? 
Wer kann an unsern heimischen Aufschlüssen und Versteinerungen 
die Erdgeschichte unserer Gegend mit Sicherheit ablesen und angeben? 
Wem sind die heimischen Sagen auch nur einigermaßen bekannt, 
auch nur annähernd so geläufig wie etwa die griechischen und römischen? 
Wer kennt unsere Verfaffung, unsere Verwaltung? 
Wer hat ein gründliches Wissen und Verständnis von der Art 
und Bedeutung des heimischen Handwerks, Gewerbes, Handels, 
Fabrikwesens? 
Wer ist über unsere örtliche Wohlfahrtspflege, über die Bedeutung 
des heimischen Verkehrs, über die Einrichtungen unseres öffentlichen 
Lebens gut oder auch nur ziemlich unterrichtet? 
Diese Fragen zeigen zur Genüge, wie lückenhaft und wie wenig 
der übliche allgemeine Unterricht die Heimat tatsächlich kennen lehrt. 
Unsere Schule gibt allerdings die Fähigkeit, d. h. in diesem Falle 
die Möglichkeit, sich mit der Heimat bekannt zu machen; aber mehr 
als diese Möglichkeit gibt sie auch nicht. Tatsächlich macht sie mit 
der Heimat nicht bekannt. 
Ein bodenständiger Unterricht muß auf jeden Fall 
eine gründliche und eingehende Kenntnis, ein gutes Ver- 
stehen der Heimat vermitteln! 
Das ist ja seine nächste Aufgabe und sein erster Zweck. 
Daß er aber auch in bester Weise der Ausbildung der Kräfte 
dient, kann wohl nicht bestritten werden.
	        
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