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den südöstlichen Provinzen wächst edler Wein. Der Bergbau war früher sehr
bedeutend, gerieth aber im Mittelalter, besonders seit der Entdeckung Amerikas,
in Verfall. In neuester Zeit hat er wieder einen größeren Aufschwung ge-
nommen.
Die Bewohner sind katholisch. Ihr religiöses Leben besteht zum größten
Theile in äußeren Gebräuchen und die Zahl der Geistlichen, Nonnen und
Mönche ist übergroß. Der Spanier, er nennt sich Kastilier, besitzt edlen
Nationalstolz, der aber nicht selten bis ins Lächerliche ausartet, und glühende
Vaterlandsliebe. Er wird als höflich, treu und häuslich geschildert, und gegen
die Dienstboten und sonstige Untergebene soll er sich musterhaft betragen.
Dagegen ist der Fleiß der Bewohner nicht allzu groß, was schon daran erkannt
wird, dass sowohl der Ackerbau, wie der Seidenbau, die Forstwirtschaft wie
die Industrie sehr vernachlässigt sind. Nur in einzelnen größeren Städten
sind die Tabakssabrikate und die Leder- und Seidenwaren einigermaßen
schätzenswerth. 1
Auch der Handel im Innern ist unbedeutend und wird weder durch
Straßen und Kanäle noch durch Eisenbahnen gefördert. Nur einige Schienen-
wege von Madrid nach Frankreich und Portugal und an der Küste des Mittel-
meeres sind bemerkenswerth.
Die Volksbildung Spaniens steht auf niedrigster Stufe.
Das Land wird jetzt in 49 Provinzen getheilt. Wir wollen aber die
wichtigsten Orte uns nach den alten geschichtlichen Provinzen merken.
1. Die Länder der Krone Kastilien.
a) Neukastilien mit la Mancha, in der Mitte des Landes auf wasserarmer,
schlecht angebauter Hochebene.
/* Madrid (290) ist eine von denjenigen Hauptstädten, welche ihre Erhebung nicht
sowohl ihrer geographischen Lage als vielmehr dem despotischen Sinne eines Philipps II.
verdankt, welcher in einer von der Natur nur wenig begünstigten, ungesunden und
von Quellen entblößten Gegend seine Residenz aufschlug. Erst in neuerer Zeit ist
durch künstliche Bewässerung die Umgebung verschönert und eine Anzahl Gärten und
Anlagen sind auf der sonst fast öden, 630 m. hohen, nur wenig hügeligen Ebene
entstanden, o J 0 m txbw a***-' />»' »
Das Merkwürdigste in Madrid sind nicht der Handel und Verkehr, denn sie sind
unbedeutend, auch nicht die schönen Gebäude, deren es allerdings einige sehr prächtige
gibt, auch nicht die schönen Plätze und Promenaden, welche die Sammelplätze der
Spaziergänger sind, sondern es ist die Bevölkerung der Stadt. Während in andern
Hauptstädten, wie London, Petersburg, Eonstantinopel, Neapel, Lissabon u. s. w. fast
alle gebildeten Nationen vertreten find, hat Madrid mit nur wenigen Ausnahmen nur
Spanier in seinen Mauern. Madrids Bevölkerung ist, so seltsam und eigenthümlich
und aus so mannigfachen Elementen sie auch zusammengesetzt ist, spanisch,und wird es
bleiben, so lange die Stadt steht. Da sind die Aguadores (Wasserträger) aus Asturien
die in ihrer Tracht von grobem Büffel vor den Brunnen auf ihren Wassereimer sitzen,
oder dieselben, angefüllt, bis in die höchsten Stockwerke tragen; da sind die Kaleserös
(Kaleschenmänner) aus Valencia, die, träge an ihren Fuhrwerken lehnend, ihre Papier-
Cigarren rauchen und eines Herrn warten, der ihrer bedarf. Auch die Katalonier sind
vertreten als Gast- und Schenkwirte und die Aragonier als Lastträger. Die Bedienten,
Sekretäre und Dienstmädchen stammen meist aus Byskaya und die Bettler aus der
Mancha. Die Stierkämpfer (Toreros) find Söhne Galiciens und die Krämer meist
Katalonier. Der Pöbel der Hauptstadt, die echten Söhne Madrids, find die Manolos,
d. h. Handarbeiter. Alle diese gemeinen Spanier in Madrid sind oft freieren Geistes
und weniger bigott als die spanische Aristokratie. „Die Madr ilena (Bewohnerin von
Madrid) ist reizend im vollen Sinne des Wortes: Sie sind von kleinem, zierlichem
Wuchs, sehr weißer Haut, zarten Zügen und haben meist kastanienbraunes Haar "
Die Hauptvergnügungen der Einwohner Madrids, wie der meisten Spanier, be-
stehen in Spazierengehen oder Fahren, in Gesellschaften, in Tanz, in Theater und in
Stiergefechten.