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Da sitzen die kleinen Vögel
und halten das Totenamt.
Ihr braucht nicht erst zu lesen,
wie treu mein Roß gewesen;
sie singen's insgesamt.
108. Das blinde Roß.
O. Schulz nach Harnisch.
Auch gegen Tiere soll der Mensch nicht undankbar sein,
wie jener Kaufmann in der alten Stadt Vineta, den sein
Schimmel wegen Undanks verklagte.
Der Schimmel hatte dem Herrn schon viele Jahre treu
gedient und ihm einmal sogar durch seine Schnelligkeit das
Leben gerettet, als er in einem Walde von Räubern überfallen
wurde. Der Kaufmann tat deshalb ein Gelübde, er wolle den
Schimmel niemals verstoßen und ihn aufs beste verpflegen, so—
lange er leben werde. Weil aber der Schimmel auf der Flucht
vor den Räubern sich sehr erhitzt hatte, ward er bald darauf
erst steff und lahm und endlich auch blind; und der Kaufmann
vergaß seiner Dienste sowie seines eigenen Gelübdes. Er ließ
das Pferd bei kärglichem Futter darben; und weil ihm täglich
eine Metze Hafer zu viel schien für ein Pferd, das ihm zu
nichts mehr nütze war, befahl er seinem Knechte, den Schimmel
wegzujagen. Der nahm einen Stock, weil das Pferd nicht
weichen wollte, und trieb es aus dem Stalle. Da blieb es
sieben Stunden am Tore stehen mit niedergebeugtem Kopfe
und spitzte seine Ohren, wenn sich etwas im Hause regte. Die
Nacht schlief es auf den harten Steinen, während es kalt war
und schneite. Endlich trieb der Hunger das Tier wegzugehen;
aber weil es blind war, stieß es überall an. Mit seiner Nase
roch es links und rechts, ob nicht ein Hälmchen Stroh daläge;
doch es fand nur wenig.
Es war aber in selbiger Stadt ein Glockenhaus, das stand
Tag und Nacht offen. Man hatte es gebaut, um Unrecht zu ver—
hindern. Denn wenn jemand meinte, es geschehe ihm Unrecht