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3. Die deutsche Kriegsflotte.
Die deutsche Handelsflotte, welche die Wohlfahrt und die Existenz des deutschen
Volkes sichert, kann ihre großen Aufgaben nur dann erfüllen, wenn sie einen
genügenden Rückhalt an einer verteidiguugsbereiteu Kriegsmarine hat. Die
Kriegsflotte hat aus volkswirtschaftlichen Gründen die Seewege zu unseren
heimischen Gestaden offen zu halten, einen Blockadezustand in unseren heimischen
Gewässern zu verhindern; sie hat den deutschen Seehandel auf allen Meeren zu
vertreten und die Bewegungsfreiheit auf denselben zu sichern, wie auch die Handels-
rechte und Handelsbeziehungen zu erweitern; sie hat endlich die deutschen Kolonien
und die Deutschen des Auslandes zu schützen.
Außer diesen Hauptaufgaben hat die Kriegsflotte noch viele Nebenaufgaben
im Interesse einer gesicherten Schiffahrt uud im Dienste der Wissenschaft zu er-
füllen. Sie erstrecken sich in erster Linie auf genaue Küsten- und Seevermessungen,
welche von besonderer Wichtigkeit sind in flachen Randmeeren, wie in der Nordsee,
wo einmündende Ströme und Flutwellen die Fahrrinnen oft verändern; die Er-
gebniffe dieser Messungen werden in der Nautischen Abteilung des Reichs-Marine-
Amts verarbeitet, in Seekarten eingetragen und für die gesamte Schiffahrt ver-
öffentlicht. Die Kriegsmarine hat die Aufsicht über das Sigualwesen zur See
auszuüben, so über die Betounuug und Befeuerung der Fahrstraßen. Als In-
stitut der Kriegsmarine arbeitet die Deutsche Seewarte in Hamburg für die
allgemeinen Interessen der Schiffahrt; namentlich ist dieselbe wichtig durch den
Stnrmwarnnngs- uud Witterungsdienst; die durch sie veröffentlichten Wetterkarten
kommen weiteren Kreisen zu statten.
Die Kriegsmarine stellt sich auch in den Dienst der weiteren wissenschaftlichen
Forschungen. Die „Gazelle" und andere Kriegsschiffe haben mit ihren oceanischen
auch geographische, zoologische, botanische uud astronomische Forschungen verknüpft;
die Kreuzerfregatte „Moltke" brachte die Mitglieder der Venus-Expedition nach
Süd-Georgien, die Korvette „Arcona" förderte die Arbeiten der Venus-Expedition
in Tschifu :c. Ein Kreuzer überwacht die Hochseefischerei, dient zugleich als
„Sanitätswache" für die Schiffer uud bietet Schutz bei Unglücksfällen.
Die deutsche Schlachtflotte besteht aus Linienschiffen (1900:17),
Küstenpanzerschiffen (1900:8) und aus großen und kleinen Kreuzern
(1900:22). Die Linienschiffe bilden den Kern jeder Schlachtflotte; sie sind
mit ihren zahlreichen Geschützen und starken Panzern allein befähigt, die Entscheidung
in einer Seeschlacht herbeizuführen. Die Küstenpanzerschiffe haben die deutschen
Küsten zu schützen; ihnen zur Seite stehen noch 13 Panzerkanonenboote, die leichter
beweglich sind. Die großen und kleinen Kreuzer verrichten Vorpostendienste,
entdecken den Feind, halten ihn fest uud vermitteln den Nachrichtendienst zwischen
den Teilen der Flotte; sie müssen sich schnell und mit Ausdauer bewegen. Im
Frieden haben sie die Nebenaufgaben der Kriegsmarine zu erfüllen. Eine Ge-
legenheitswaffe im Seekriege ist der Torpedo. Torpedofahrzeuge, kleine und
sehr schnell sich bewegende Schiffe (1900:95), bringen die Torpedogeschosse
Steckel, Das Vaterland. |ü