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Karl ein paar Stunden; denn nachts war sein Schlaf sehr unruhig, so daß er 
mehrmals erwachte und gar ausstand und arbeitete. Denn nie rastete sein Geist; 
selbst beim Ankleiden hörte er Geschäftsleute oder Kläger an und unterhielt sich 
mit Vertrauten. — Auf einer Versammlung der Großen zu Dietenhosen in 
Lothringen bestimmte Karl, daß das Riesenreich unter seine drei Söhne geteilt 
werde; aber die hoffnungsvollen älteren Söhne starben schon frühe (810 und 
811), unb nur der schwache und am wenigsten befähigte Ludwig blieb als 
Erbe dieses selbst für einen tüchtigeren Herischer zu gewaltigen Reiches Übrig. 
Dies trübte den Lebensabend Karls gar sehr. Als er sein Ende nahe fühlte, 
setzte er fein Vermächtnis auf und fuchte in reichen Schenkungen an Arme, an die 
Kirche und Geistlichkeit feinen Trost. Von drei kostbaren filbernen Tischen schenkte 
er einen, mit dem Bilde von Konstantinopel geschmückten, der Peterskirche in 
Rom, einen, mit dem Bilde Roms, der erzbischöslichen Kirche zu Raveuna, den 
dritten, mit Erde und Sternhimmel in erhabener Arbeit, seinem Sohne Ludwig. 
Im Herbst 813 lud er alle seine Lehnsträger nach Aachen und stellte ihnen 
hier seinen Sohn als Mitregenten und Nachfolger vor. Daun ging's in feier- 
üchem Zuge in die Marienkirche; hier betete der Kaifer vor dem Hauptaltare, 
fetzte dann feinem. Sohne in eindringlicher und ergreifender Rede die Pflichten 
eines Herrfchers auseinander und fragte ihn, ob er dieselben treulich erfüllen 
wolle. Und als jener es gelobt, befahl er ihm, sich die auf dem Altare liegende 
Krone aufs Haupt zu fetzen; die Anwesenden aber hieß er nunmehr, den Sohn 
Kaiser und Augustus zu nennen. Bald darauf ergriff ihn ein Fieber, das nach 
kurzem Krankenlager feinen Tod herbeiführte. Mit dem Zeichen des Kreuzes 
über Brust und Stirn und mit dem leisen Spruche: „Vater, in Deine Hände 
befehle ich meinen Geist!" hauchte er seine Seele ans. Er wurde noch an dem- 
selben Tage in der Gruft der Marienkirche zu Aachen beigefetzt. 28. Januar 814. 
Nach der Sage saß er auf goldenem Throne in vollem Kaiserschmucke, ein Stück dev 
heiligen Kreuzes und die Krone auf dem Haupte, an der Seite Schwert und goldene Pilger- 
tafche, auf den Knieen ein Evangelienbuch. 
Seine Grabstätte ist jetzt durch eine einfache Marmorplatte mit der be- 
dentfamen Aufschrift „Carolus Magnus" kenntlich gemacht. Sein Leben ist von 
Sage und Dichtung wunderbar ausgeschmückt worden, die Geschichte ehrte ihn 
mit dem Beinamen „der Große", die Kirche mit der Heiligsprechung. Friedrich 
Barbarossa ließ die Gebeine Karls in einen silbernen Schrein (Fig. 20) legen, 
der später ans dem Altare aufgestellt worden ist. 
§ 14. Die Karolinger. 
1. Ludwig der Fromme war seinem Vater, Karl dem Großen, in 
allem unähnlich und brachte das Reich in Verwirrung und Verfall. Er teilte 
schon bald nach seinem Regierungsantritte die Herrschaft unter seine drei Söhne
	        
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