Full text: Heimatskunde des Kreises Rinteln oder Schaumburg und des Regierungsbezirks Kassel

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ländlichen Grundbesitzern und aus der Ritterschaft gewählt; sie kommen im 
Jahre ein oder mehrere Mal zusammen, um unter dem Vorsitz des Land- 
rats die Angelegenheiten des Kreises zu beraten. Der Landrat wird von 
den Kreisständen gewühlt und der König setzt ihn ein. 
2. Die Waldkultur im Kreise wird von den vier Oberförstern zu Zersen 
(Oldendorf), Rumbeck, Obernkirchen und Haste mit Hilfe der Förster über¬ 
wacht. Die Oberförstereien stehen unter der Königl. Regierung zu Minden. 
Die vier Amtsgerichte des Kreises gehören zum Landgericht in Hannover, 
dieses zum Oberlandesgericht in Celle. — Die 21 Kirchspiele sind in die 
2 Metropolitanate zu Rodenberg uud Großenwieden geteilt; diesen ist das 
Konsistorium zu Kassel übergeordnet. 
IS. Die Geschichte des Kreises. 
Vor 2000 Jahren sah es ganz anders aus in unserm lieben Schaum- 
burgerlande als heut zu Tage. ' Damals war noch nichts zu sehen von den 
freundlichen Städten und Dörfern, von den wogenden Kornfeldern, den 
belebten Straßen und noch weniger von den Dampfrossen, die jetzt wie tut 
Fluge das Land durcheilen. Der größte Teil des Landes war mit dichtem 
Wald bedeckt, in dem der Bär, der Wolf, der Auerochs und andere wilde 
Tiere hausten; nur hier und da erhob sich am Strande der Weser und am 
plätschernden Waldbach auf grünem Wiesenplan ein von Baumstämmen er- 
bautes und am Giebel mit Kalk getünchtes Blockhaus. Gerade an den 
Flüssen und Bächen hatten sich die Menschen niedergelassen, weil diese ihnen 
reichlich Fische zur Nahrung boten, weil sie hier das Wild bei der Tränke 
bequem beschleichen konnten, weil sie hier für das Vieh die saftigsten Weiden 
und zur Betreibung der Landwirtschaft in dem abgesetzten Schlamme die 
fruchtbarste Ackerkrume fanden. 
Die ältesten Bewohner unfers Kreises waren die Cherusker, einer 
der mächtigsten Völkerstämme der Germanen. Sie waren von der Weser 
bis östlich vom Harz ansässig und hatten das rechte Weserufer von Hameln 
bis zur jetzigen Westendorfer Landwehr inne. Westlich von ihnen hatten 
die Angrivarier, von denen das heutige Engern noch seinen Namen trägt, 
ihre Wohnsitze. Wie alle Germanen teilten sich die Cherusker in Freie und 
Unfreie oder Sklaven. Den Freien gehörte der Grund und Bodeu, und 
unter ihuen hatten die Edelinge einen größern Besitz und ein größeres An- 
sehen. Die Sklaven waren meist Kriegsgefangene uud deren Nachkommen. 
Jagd und Krieg waren die Hauptbeschäftigungen unserer Vorfahren. Im 
Kriege zog ihnen der Herzog voran. Die Frauen webten Leinwand zur 
Kleidung, die jedoch vorzugsweise aus Pelzwerk bestand. Ackerbau wurde 
nur wenig, uud zwar durch die Sklaven, getrieben. Unter den vielen Göttern, 
welche die Cherusker anbeteten, war Odin oder Wodan der oberste. Ans 
der Paschenburg und dem Hohenstein wurden ihm Menschenopfer dargebracht. 
Nachdem die Römer unter Julius Cäsar Gallien bis an den Rhein 
unterworfen hatten, singen sie auch an, die freien Germanen auf dem rechten 
Rheinufer unter ihre Botmäßigkeit zu bringen. Drusus, der Stiefsohn des 
Augustus, richtete seinen zweiten Eroberuugszug gegen die Cherusker (11 V. 
Chr.), und als er zwei Jahre später bis zur Elbe vordrang, hat er seinen 
Weg gewiß durch unser Weserthal genommen. Nach seinem Tode bekam 
zuerjt fein Bruder Tiberius, dann Varus den Oberbefehl am Rhein. Die 
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