IV. Die Polen nach dem Verluste ihrer Selbständigkeit. 21
IV. Die Polen nach dem Verluste ihrer
Selbständigkeit.
1. Das Herzogtum Warschau und die Polen in Österreich.
§ 26. Viele unzufriedene Polen verließen nach den Tei¬
lungen ihr Vaterland, und die Waffenfähigen unter ihnen
nahmen in fremden Staaten Kriegsdienste. So gründete General
Dombrowski eine „polnische Legion" 1796 in Mailand. Bei
ihr kam das bekannte Nationallied auf: „Noch ist Polen nicht
verloren." Sie leistete Napoleon I. vortreffliche Dienste. Auch
späterhin traten zahlreiche Polen in französischen Sold, so im
Königreich Westfalen und im Feldzuge Napoleons I. gegen
Preußen und Rußland. Zum Danke dafür errichtete der fran¬
zösische Kaiser 1807 das Herzogtum Warschau, übertrug
es dem Könige von Sachsen und vergrößerte es nach dem Kriege
gegen Österreich 1809 noch durch Westgalizien. Aber mit einer
vollen Wiederherstellung Polens war es ihm niemals ernst.
Als er dann 1812 die vernichtende Niederlage in Rußland er¬
litten hatte, zogen die Russen wieder in Warschau ein, und im
Wiener Kongreß wurde eine vierte Teilung vereinbart, die
noch heute zu Recht besteht. Nur Krakau behielt als kleiner
Freistaat seine Selbständigkeit.
§ 27. An Österreich war besonders Galizien gefallen.
Es wurde wie eine Provinz verwaltet und verhielt sich lange
Zeit ruhig, obwohl polnische Auswanderer es von Paris aus
unaufhörlich zum Aufstande aufzureizen suchten. Erst 1846 er¬
folgte ganz unerwartet eine Erhebung der Polen. Sie nahm
in Preußen ihren Ansang, wurde dort aber durch die Gefangen¬
nahme des Hauptführers Miörosläwski im Keime erstickt.
Ernster wurde sie in Krakau und Galizien. Hier hatten die
österreichischen Heerführer harte Arbeit, wurden jedoch von den
ruthenischen (rotrussischen) Bauern erfolgreich unterstützt.
Denn diese, anderer Abstammung als die Polen, haßten ihre
polnischen Grundherren, die ihnen die härtesten Lasten (roböta,