Full text: Fünfzehn Jahrhunderte (Bd. 2, Abth. 1)

Das römische Reich unter den Imperatoren. 53 
28. Die neue Einrichtung, welche Constantinus mit dem Sinne und 
Blicke eines großen Baumeisters schuf, war, wie sie alten Uebelständen 
abhalf, von neuen begleitet. Wurden diejenigen, welche die Geschäfte 
der Verwaltung trieben, dem Herrscher gegenüber in regelmäßige For¬ 
men gezwängt, so verbreitete sich durch die Gründung eines so durchge¬ 
führten Beamtenthums eine Geschäftigkeit, welche auf die Bewohner 
des Reiches einen schweren Druck legte. Dieß mußte um so mehr der 
Fall sein, als durch die neue Negierungsweise das Geldbedürfniß des 
Hofes und mit ihm die Steuerlast gewachsen war. Es diente Niemand 
mehr dem Staate anders als für Besoldung und die Zahl derjenigen, 
welche in Staatsgeschäften standen, war ungeheuer. Eine der bedeu¬ 
tendsten neuen Steuern, welche durch das erhöhte Geldbedürfniß her¬ 
vorgerufen wurden, war die Grundsteuer, welche immer für 15jährige 
Fristen festgestellt wurde und die man mit dem ursprünglich ihre Ankün¬ 
digung bezeichnenden Namen Jndiction benannte. Bei ihrer Erhebung 
war der Willkühr und Ungerechtigkeit ein weites Feld geöffnet. Ihr 
Betrag richtete sich nicht nach der Ergiebigkeit der Güter, sondern nach 
dem Gesammtbetrage, den jede Provinz aufzubringen hatte. Die Sache 
der Beamten war es also, sie zu vertheilen. Dabei wurde auf Ver¬ 
heerung durch Einfälle von Barbaren keine Rücksicht genommen. Außer¬ 
dem ließ Bestechlichkeit der Beamten auch Befreiungen für Reiche auf 
'Kosten Aermerer zu. Die Unredlichkeit der Beamten war aber in einer 
sittlich versunkenen Zeit etwas Gewöhnliches und, während der unred¬ 
liche niedere Beamte im Falle einer Berufung sich den Schutz des 
höheren zu erkaufen Mittel fand, war die Berufung von den Entschei¬ 
dungen der prätorischen Präfecten an den Herrscher sogar durch ein 
Gesetz untersagt. Die Leiden der Gedrückten mehrten sich oft noch durch 
eine Maßregel, die dem gewaltthätigen Mißbrauch der Aemter zu steuern 
bestimmt war, durch den in der Regel zweijährigen Wechsel der 
Beamten. Wurde dadurch auf der einen Seite der Ausübung von Un¬ 
gerechtigkeiten ein Ziel gesetzt, so ließ auf der andern Seite die Kürze 
der Zeit die Beamten nicht zu voller Einsicht in die Verhältnisse ihrer 
Bezirke und zu Befreundung mit deren Bewohnern kommen. So ent¬ 
stand eine allgemeine Zerrüttung des Besitzstandes. Zn derselben ent¬ 
wickelte sich ein neuer Stand unter den Bewohnern des Reiches, eine 
besondere, von der Sklaverei verschiedene Unfreiheit, das Colonat. 
Verarmte Grundbesitzer oder solche, welche zu verarmen fürchteten, 
übergaben sich und ihre Güter größeren, und bauten ihre bisherigen 
Güter nun für die neuen Besitzer, indem sie mit den ehemals ihnen 
gehörigen Grundstücken unzertrennlich verbunden blieben, als Colonen. 
Nicht selten sahen sich zum Eintritt in diesen Stand Decurionen der 
Städte gezwungen, die für das Aufbringen der ihren Städten auferlegten
	        
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