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Was spricht er? ... Er zieht die Lippen kr aus.
Sucht er die Heimat, das Elternhaus?
Die Schwester hebt ihn. Sein Atem fliegt:
Sein Auge bohrt sich in ihrem Blick,
Aus seinen Augen lächelt ein Glück.
„Weißt du's schon, Mutter, wir haben gesiegt!"
„Ich weiß." Sie netzt seine Lippen mit Wein.
„3ht habt eure Sache brav gemacht."
„Ich trug meinen Leutnant aus der Schlacht.
Ich allein.
Er war verwundet. Der Donner, der Rauch.
Mutter, das kann die Kühnsten verwirren.
Er hatte den Splitter hier vorn an der Stirn.
Verwundet war er . . . Mutter, ich auch."
,,^hr werdet gesund. Kommt, gebt mir die Hand."
Die Schwester faßt den Fiebernden fest,
An die junge Brust seinen Kopf gepreßt.
„Mutter, wo ist mein Leutenant?"
Die Schwester weiß es; sie darf es nicht sagen.
An feuerspeienden Höhen vorbei
Hat er einen — Toten geschleppt und getragen
Uber Stoppeln und Acker. Da traf ihn das Blei.
„Mutter, mein Leutnant . . .?" „Er ist geborgen."
„Werb' ich ihn wieb er sehen?" „ Sicherlich, morgen."
Tiefe Stille im bunfelnben Saal.
Nur ber Schwestern weiße Hauben
Flattern vorüber wie schwebenbe Tauben.
Da — bet schreit er mit einem Mal.
Wöhrenb bie knochige, zitternbe Hanb
©rüßenb fährt an ben blut'gen Verbanb,
Wöhrenb ber Tod übers Herz ihm strich:
„Herr Leutnant .. . Herr Leutnant, — ich melde mich!"
Rudolf Presber.
Soldatengrab.
Bestrahlt von letzter Sonne Glühn
Ein Hügel tief im Saatengrün.
Von treuen Hänben aufgericht'
Aus Birkenholz ein Kreuzlein schlicht.
Daran zum Zeichen letzter (Ehr'
Helm, Waffenrock unb ein Gewehr.