Contents: Praktisches Lehrbuch der Alten Geschichte

findet ihn auch; zwar zerstückt ihn Typhon, doch Isis sammelt die Stücke 
und bestattet sie. Ihr Sohn (Horns, das neue Jahr) nimmt Rache an 
Typhon oder Set und erweckt Osiris zu neuem Leben, der nunmehr im 
Totenreiche herrscht. Das Sinnbild und der Wohnsitz Ras war der heilige 
Apisstier. Eine völlig schwarze Farbe nnd ein weißes Dreieck auf der 
Stint kennzeichneten ihn. Im Tempel zu Memphis (unweit Kairos) 
reichten ihm die Priester knieend aus goldenen Schüsseln das Futter. 
Starb er, trauerte das ganze Land siebzig Tage; er wurde einbalsamiert 
und in einer Gruft feierlich beigesetzt und wie ein Gott verehrt. Fand 
man einen neuen, feierte mau große Freudenfeste. Der Kälberdienst 
Israels ist ein Abbild des ägyptischen Stierdienstes. In ähnlicher 
Weise verehrte man noch manche heilige Tiere, wie z. B. Krokodile, 
Katzen, Hunde, Sperber, Ichneumon und Ibis. Aus breunenden Häusern 
rettete man die Katzen eher als Menschen. Wer aber vorsätzlich eins 
dieser heiligen Tiere tötete, ward gleich einem Mörder mit dem Tode 
bestraft. Die alten Ägypter glaubten eben, daß in diesen Tieren mächtige 
Wesen (Götter) wohnten, die alle Unbill gegen ihre Wohnsitze (Stier usw.) 
mit furchtbaren Strafen rächten, wenn sie ungestraft bliebe. 
Der T o t e n d i e n st stand in hoher Blüte. Starb ein vornehmer, 
reicher Ägypter, so ward sein Leichnam gewaschen. Gelernte Balsa- 
mierer entfernten unter zahlreichen Gebeten und mannigfachen Zauber¬ 
handlungen die leichtverweslicheu Eingeweide. Hierauf legte man den 
Leichnam eine Zeit (70 Tage) lang in Salzwasser und Lauge. Darauf 
rieb man ihn mit allerlei Salben, wohlriechenden Harzen, Ölen und 
Asphalt ein, bestrich ihn mit Gummi und umwickelte ihn mit zahlreichen 
Binden aus teurer, seiner Leinwand. Je reicher der Verstorbene war, 
desto mehr Geld ließ man sich die Einbalsamierung kosten. 4500 Mark 
kostete die Einbalsamierung erster Klasse, etwa 1500 Mark die zweiter 
Klasse. War der Leichnam völlig einbalsamiert, legte man ihn in einen 
kostbaren Sarg und verbarg ihn in einer Grabkammer. Hier war er 
vor Raubtieren und Frevlern geschützt und versteinerte zu einer Mumie 
von säst unbegrenzter Dauerhaftigkeit. Viele Mumien haben sich drei* 
bis viertausend Jahre erhalten und geben uns treue Kunde von dem 
Totendienst der alten Ägypter. Reiche Leute ließen für sich und ihre 
Angehörigen eine Grabkammer errichten, weniger bemittelte wurden 
in Massengräbern bestattet. 
Warum verwandte der Ägypter so viel Zeit, Mühe und Geld auf die 
Bestattung? Nach seinem Glauben besteht der Mensch aus Leib und 
Seele (der Ka). Die Seele trennt sich beim Tode vom Leibe, hält sich 
aber stets in der Nähe des Leibes auf und sucht ihn öfter wieder auf. 
Sie lebt nur fo lange, als der Leib erhalten bleibt. Wird der Leib ver¬ 
nichtet, geht auch die Seele zugrunde. Der Leib muß deshalb vor Ver¬ 
wesung und Zerstörung geschützt werden. Leichenverstümmelung war 
eine Gotteslästerung, und der Leichenöffner wurde zum Scheine mit
	        
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