Beginn des Zeit-
altersder Dampf-
HhHchiiie,
Industrie.
Handel.
Dritter Zeitraum.
Das Zeitalter der Revolutionen in Europa:
Kampfe um die Verfassung (1815—1850).
§ 13. Wirtschaftliches und geistiges Leben in Deutschland gegen Aus¬
gang des 18. und zu Anfang des 19. Jahrhunderts.
1. Das wirtschaftliche Leben aller Kulturvölker erfuhr gegen Ende des 18. Jahr¬
hunderts eine Umwälzung, die nicht weniger folgenschwer wurde als die politische
und soziale Revolution dieser Zeit. Indem der Schotte James Watt die Dampf¬
maschine in den Dienst der gewerblichen Tätigkeit stellte (tun 1770), wurde er der
Begründer des neuzeitlichen Großbetriebes in Gewerbe und Industrie. Das
Fabrikwesen zersprengte die alten Formen des Zunftwesens, das mit seinem
Zwange und veralteten Privilegien jeden Aufschwung des Handwerks gehemmt
hatte. Dem Beispiele Englands und Frankreichs folgend, gaben auch Deutschlands
Fürsten allmählich durch die Gewährung der Gewerbefreiheit, wie sie Preußen
im Zeitalter seiner Wiedergeburt einführte (f. S. 51), dem gewerblichen Betriebe
freien Spielraum. Eine Reihe von großartigen Entdeckungen auf dem Gebiete der
Chemie und Physik, insbesondere der Technik —Arkwrights Spinnmaschine 1782,
Stephensons „Eisenbahn"') — erweiterten das Arbeitsfeld der Industrie derartig,
daß eine stets wachsende Menge von Menschen in ihren Dienst geführt wurde. So
trat in dieser Zeit, in der sich der „dritte Stand" zur politischen Freiheit emporrang,
als „vierter Stand" die proletarische Arbeitermasse hervor, die nicht nur
dem wirtschaftlichen Leben ein neues Gepräge gab, sondern auch den Staat vor neue
Aufgaben stellte.
Freilich ging diese Entwickelung der Industrie in Deutschland nur langsam
vor sich und wurde in den zwei Jahrzehnten der Revolutionskriege so gehemmt, daß
nach dem Jahre 1815 die englischen Jndustrieerzeugnisse den deutschen Markt über¬
schwemmten; aber wo natürliche Bedingungen oder Bodenschätze, wie im Rhein¬
land und in Sachsen, zur gewerblichen Tätigkeit anregten, nahm auch Deutschland
an dem allgemeinen Aufschwung Anteil. — Mit dem wachsenden Großbetriebe er¬
weiterte sich der Umfang des Hand els, und immer dringender wurde die Beseitigung
der Zollschranken innerhalb Deutschlands gefordert, wobei dem preußischen
1) Die schon seit langem im Bergwerksbetrieb verwandten Holzschienen, die deutsche
Bergleute nach England gebracht hatten, wurden hier durch eiserne ersetzt; 1814 ließ
Stephenson die erste „Lokomotive" auf ihnen laufen. Nach einem kleineren Versuch,
den man mit der Personenbeförderung machte, wurde 1830 die erste größere Eisen¬
bahnlinie zwischen Liverpool und Manchester eröffnet. In Deutschland fuhr die erste
Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth 1835.