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Drittes Buch.
vor Milet vereinigt, ihnen gegenüber 600 persische Schiffe aus
Phönikien, Aegypten nnd anderen Küstenländern. Die Griechen
konnten bei ihrer größeren Seetüchtigkeit einen Kampf mit dem
bei weitem stärkeren Feinde aufnehmen, wenn sie nur einig blieben
und sich unter einen gemeinsamen Oberbesehl stellten. Ein An¬
führer aus Phokäa, Dionyfios, überzeugte sie hiervon nnd ward
an die Spitze der ganzen Flotte gestellt. Er suchte durch tägliche
angestrengte Uebungen zur See die Mannschaften schlagfertiger
zu machen und mit kriegerischem Geiste zu erfüllen; aber nach
acht Tagen war die Ausdauer des leichtsinnigen Seevolkes zu
Ende. „Welchen Gott haben wir beleidigt," sprachen die Unzu¬
friedenen, „daß wir diesen Prahler von Phokäa zu unserem Be¬
fehlshaber gemacht, der uns mit unerträglichen Qualen peinigt?
Dagegen ist es ja besser, alles andere zu dulden und statt der
gegenwärtigen Knechtschaft die abzuwarten, welche kommen soll."
Sie verweigerten dem Dionysios den Gehorsam und streckten sich
wieder unthätig am Strande hin.
Bald kam der Tag der Entscheidung, man mußte sich der
persischen Flotte bei Lade zur Schlacht entgegenstellen. Während
man im hitzigen Gefechte war, verließen plötzlich 49 Schiffe der
Samier, welche auf dem rechten Flügel standen, die Schlacht¬
linie; sie waren von Aiakes, dem Neffen des früheren Tyrannen
Polykrates, der sich im persischen Lager befand und auf die
Tyrauuis von Samos hoffte, durch heimliche Botschaft zum
Verrath verleitet worden. Durch diesen Abfall wurde die Schlacht
verloren, in welcher namentlich die Phokäer, die Ehier und
Milesier tapfer gekämpft hatten.
Im nächsten Frühjahr 496 wurde Milet auch zur See
eingeschlossen. Es hielt sich uoch bis in den Sommer 495.
Da wurden die Mauern gebrochen und die Stadt mit Sturm
genommen. Die Mehrzahl der Männer fiel im Kampse, Weiber
nnd Kinder wurden als Sclaven fortgeführt, die Stadt ward
ausgeraubt und niedergebrannt. Die Reste der Männer wurden
als Kriegsgefangene nach Susa geführt und erhielten von Da-