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auf einen Pfosten nieder, und von dem ganzen armen Spatz
bleiben nur die größeren Federn und die Füße übrig. Selbst
die Knochen verschluckt der heißhungerige Mörder.
Friedrich Noll.
212. Die Raubtiere des Waldes im Winter.
Tief im Walde versteckt steht das Jägerhaus. Der hohe Schnee
hat es von aller Welt abgeschlossen; nur schmale Pfade hat der
Förster von dem schweren Tor aus getreten. Doch sind außerdem
noch mancherlei Spuren auf der weißen Decke ringsum zu sehen;
dem Anschein nach gehören sie verschiedenen Tieren an.
Zur nächtlichen Stunde, wenn der volle Mond zwischen die
Bäume des ruhigen Forstes scheint, und nur der Schatten der
schauerlich rufenden Eule über die Silberfläche zieht, dann treibt
die Not manchen hungernden Gesellen dem einsamen Gehöft zu.
So schleicht der Fuchs mit rotem Pelz durch die Hecken, die Augen
aufmerksam überall hinwendend. Er weiß, daß in dem Hofe Hühner
sind und auf dem Dache Tauben, und nach beiden wässert ihm der
Mund. Von allen Seiten umkreist er die stille Wohnung; aber
nirgends ist eine Lücke, durch die er hineinkommen könnte, und zum
Unglück wittern ihn die Hunde. Die kläffen unwillig in die kalte
Nacht hinein, und Reineke muß still, wie er gekommen, wieder ab¬
ziehen. Aber was nun anfangen, um den grimmigen Hunger zu
stillen? Trauben und Kirschen gibt's jetzt nicht, die Vögel haben
keine Nester auf der Erde, und die Mäuse ruhen tief unter dem
Schnee. Da muß er sich auf die Hasenjagd begeben, und darum
wendet er sich nach dem baumfreien Hügel, wo wilde Kaninchen in
großer Zahl hausen. Schlau forscht er die frischen Fußtritte nach
ihrem Bau aus und legt sich des Morgens an dem Wacholder¬
busch in den Hinterhalt. Wenn eins der Tiere in seine Nähe
kommt, dann schneidet er ihm den Weg in seine Wohnung ab
und treibt es ins weite Feld, wo es leicht seine Beute wird.
Das gefällt natürlich dem Jäger, der selbst gern den Hasen¬
braten ißt, nicht, und er denkt: „Wie erwische ich den Fuchs?"
Er nimmt aus seiner Kammer eine schwere eiserne Falle, schlachtet
eine Katze und bereitet daraus einen köstlich duftenden Braten.
Die Falle gräbt er in den Schnee und befestigt daran das beste