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weshalb diese Seite mit einem dichten Gürtel von Festungen geschützt
ist. An Größe kommt Frankreich dem Deutschen Reiche nahe; denn
es ist 536 408 qkm groß, wird aber nur von 39 V4 Mill. Menschen
bewohnt. Auf 1 qkm kommen 73 Bewohner. Der Form nach ähnelt
Frankreich einem unregelmäßigen Sechseck mit drei festländischen und
drei Küstenseiten. Es sind eine Nordostseite, von der Doverstraße nach
dem Wasgau oder die Grenze gegen Belgien und das Deutsche Reich;
eine Ostseite, die Grenzlinie gegen die Schweiz und Italien; eine
Südsüdostseite, am Mittelländischen Meer; eine Südsüdwestseite, die
Pyrenäengrenze gegen Spanien; eine Westseite, bis zur Spitze der
Bretagne reichend; eine Nordwestseite, am Kanal.
2. Die Küste am Atlantischen Ozean; zwei Halbinseln. Die
Küstenentwicklung Frankreichs ist nicht bedeutend (auf 120 qkm Flächen¬
inhalt kommt 1 km Küste); auch die Gliederung der Küste ist gering.
Die Nordwestküste beginnt bei Dünkirchen an der Nordsee und ist
zunächst bis Calais (kaläh) mit Dünen besetzt. Unweit Calais ist die
schmälste (nur 32 km breite) Stelle des Kanals, die Straße von
Calais, von den Engländern nach dem gegenüberliegenden Dover die
Straße von Dover genannt. Calais und Dover sind daher die
wichtigsten Überfahrtshäfen zwischen Frankreich und England. Beide
Länder sind dort durch eine nur etwa 60 m unter dem Meeresspiegel
liegende Felsenschwelle miteinander verbunden. Der Hasen von Dün-
kirchen kann nur durch fortgesetzte Baggerungen offen gehalten werden.
Von Calais bis zur Mündung der Somme (ßom') reicht eine durch
eingedeichte Marschen gebildete Flachküste, aus der sich nur das Kap
Gris Nez (gri ne, d. i. graue Nase), ein 57 m hoher Kreidefelsen,
erhebt. Von der Sommemündung ab ist die Küste steil und Hafen-
arm. Die dort zum Meere gehenden Gewässer sind meistens kleine
Küstenflüffe. Der einzige größere Fluß ist die Seine (ßähn'); ihre
trichterförmige Mündung ist die einzige größere Einbuchtung der Küste
und damit der einzige bequeme Zugang zum Binnenlande. An der
Mündung der Seine liegt Le Havre (lö awr, d. i. Seehafen, 133 000
Einwohner), das französische Liverpool. Weiter landeinwärts liegt die
Handels- und Industriestadt Rouen (rua, mit Vororten 160 000
Einwohner), die nur mehr von kleinern Seeschiffen erreicht wird. Die
Küste ist der Gefahr der Versandung ausgesetzt. Weiter nach Westen
ragt die Halbinsel Cotentin (kotatä) in das Meer hinein. An
ihrer Spitze liegt der Kriegshafen Cherbourg (fchärbur), der durch
großartige Dammbauten geschaffen wurde. Das Hinterland der ge-
nannten Halbinsel ist die Normandie, benannt nach den Normannen,
die sie einst erorbert haben. Wegen der Nähe des Meeres ist das
Klima in der Normandie feucht. Der Winter ist mild und der Sommer
kühl, fo daß die Traube nicht zur Reife kommt. Dagegen erzeugt das
Land eine Menge Obst. Die Feuchtigkeit ist eine Hauptursache der
fetten Wieden, welche einen großen Teil des Bodens bedecken und die
Rindvieh- und Pferdezucht begünstigen. Der Ackerbau ist weniger
bedeutend. Nach Nordwesten reicht die Halbinsel der Bretagne
(bretanf) weit in das Meer hinein und bietet seinen Fluten Trcstz.