Full text: Das Deutsche Reich (Bd. 1)

— 47 — 
verteuert. Auch werden Eisenerze dort gefunden; zudem sind die 
Eisenlager des Siegener Tales nicht weit entfernt. Tausende von 
Schornsteinen überragen das Häusermeer der großen Fabrikstädte und 
Fabrikdörfer und verdunkeln mit ihren mächtigen Rauchwolken das 
Licht der Sonne. Es gibt kaum eine Stadt oder ein Dorf an der 
Ruhr und den Abdachungen des niedrigen Gebirges, wo man nicht 
die hohen Kamine der Bergwerke, den Rauch der Eisenhütten und 
das Geräusch der in den Fabriken arbeitenden Maschinen wahrnimmt. 
Nirgend findet man eine solche Menge dichtbevölkerter Städte wie im 
Flußgebiet der Ruhr. Dichtgedrängt liegen sie beieinander. 23 der- 
selben zählen 10 000 und mehr Einwohner. Die größten sind Duis- 
bürg, Essen, Bochum und Dortmund. Essen (d. i. der Ort der 
Esten) weist in der Kruppschen Gußstahlfabrik die größte Fabrik der 
Welt auf. Sie beschäftigt 40000 Arbeiter, deren Familien insgesamt 
etwa 150 000 Köpfe zählen, und hat die Ausdehnung einer mittel- 
großen Stadt. Zur Heizung der zahlreichen Dampfkessel werden täglich 
2 Millionen kg Kohlen verbraucht. Die Fabrik stellt besonders 
Kanonen, aber auch Eisenbahnmaterial her. 
Um das Rohmaterial und die hergestellten Erzeugnisse herbei- 
und fortzuschaffen, sind viele Eisenbahnen nötig; deshalb ist das 
Schienennetz des ostrheinischen Kohlen- und Industriegebietes sehr dicht. 
In der Umgegend von Iserlohn gibt es viele Höhlen mit Tropf- 
steinbildungen. Am bekanntesten ist die Dechenhöhle. Tropfstein- 
höhlen entstehen dadurch, daß kalkhaltiges Wasser bis an die Ober- 
fläche unterirdischer Höhlen hinabsickert. Der Kalk scheidet sich beim 
Verdunsten des Wassers ab und bildet an der Decke kleine Zapfen, 
welche im Laufe der Zeit immer größer werden. Das von diesen aus 
den Boden herabtropfende Wasser bildet hier ähnliche Zapfen, die den 
oberen gewissermaßen entgegenstreben. Endlich vereinigen sich beide 
Gebilde, und es entsteht in der Höhle eine freistehende Säule. Unter 
anderen Umständen bilden sich andere Formen, und zwar oft von so 
eigentümlicher Art, daß man in ihnen bestimmte Gegenstände, wie 
eine Orgel, eine Hand u. ä. zu erkennen glaubt Die Tropfsteinhöhlen 
sind wegen ihrer oft wunderbar schönen Formen die Zielpunkte vieler 
Reisenden. 
Die Dechenhöhle bei Iserlohn wurde 3 868 gelegentlich eines Eisenbahnbaues 
entdeckt. Dieselbe ist 180 na lang und 5—6 in breit. Überall kann man darin 
aufrecht gehen. Ihr Inneres, welches von 150 Gasflammen erleuchtet wird, ist mit 
Tropfsteinmassen so angefüllt, daß man nirgend das nackte Gestein der Decke oder 
der Seitenwände erblicken kann. Der Beschauer weiß anfangs gar nicht, wohin er 
sehen soll; überall bemerkt er Zacken, Säulen und Pyramiden einzeln oder in Gruppen 
an der Decke und den Wänden. Die einzelnen Gebilde und Gruppen sind so über- 
aus schön und verschiedenartig geformt, daß man nicht genug staunen kann über die 
stille, aber wunderbare Tätigkeit der Natur im Innern der Erde. Viele Gebilde 
erinnern an bestimmte Gegenstände und werden auch darnach benannt. Man unter- 
scheidet in der Höhle folgende Abteilungen: Die Vorhalle, Gletschergrotte, Laube, 
Orgelgrotte, Vorhanggrotte, Königshalle,' Kanzel, Nixengrotte. Grufthalle, Palmen- 
grotte, Säulenhalle, Krystallgrotte. Pyramidengrotte, Kaiserhalle und Wolfsschlucht. 
Keine andere Tropfsteinhöhle kann inbezug auf schöne und mannigfaltige Ausstattung 
mit der Dechenhöhle wetteifern.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.