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verteuert. Auch werden Eisenerze dort gefunden; zudem sind die
Eisenlager des Siegener Tales nicht weit entfernt. Tausende von
Schornsteinen überragen das Häusermeer der großen Fabrikstädte und
Fabrikdörfer und verdunkeln mit ihren mächtigen Rauchwolken das
Licht der Sonne. Es gibt kaum eine Stadt oder ein Dorf an der
Ruhr und den Abdachungen des niedrigen Gebirges, wo man nicht
die hohen Kamine der Bergwerke, den Rauch der Eisenhütten und
das Geräusch der in den Fabriken arbeitenden Maschinen wahrnimmt.
Nirgend findet man eine solche Menge dichtbevölkerter Städte wie im
Flußgebiet der Ruhr. Dichtgedrängt liegen sie beieinander. 23 der-
selben zählen 10 000 und mehr Einwohner. Die größten sind Duis-
bürg, Essen, Bochum und Dortmund. Essen (d. i. der Ort der
Esten) weist in der Kruppschen Gußstahlfabrik die größte Fabrik der
Welt auf. Sie beschäftigt 40000 Arbeiter, deren Familien insgesamt
etwa 150 000 Köpfe zählen, und hat die Ausdehnung einer mittel-
großen Stadt. Zur Heizung der zahlreichen Dampfkessel werden täglich
2 Millionen kg Kohlen verbraucht. Die Fabrik stellt besonders
Kanonen, aber auch Eisenbahnmaterial her.
Um das Rohmaterial und die hergestellten Erzeugnisse herbei-
und fortzuschaffen, sind viele Eisenbahnen nötig; deshalb ist das
Schienennetz des ostrheinischen Kohlen- und Industriegebietes sehr dicht.
In der Umgegend von Iserlohn gibt es viele Höhlen mit Tropf-
steinbildungen. Am bekanntesten ist die Dechenhöhle. Tropfstein-
höhlen entstehen dadurch, daß kalkhaltiges Wasser bis an die Ober-
fläche unterirdischer Höhlen hinabsickert. Der Kalk scheidet sich beim
Verdunsten des Wassers ab und bildet an der Decke kleine Zapfen,
welche im Laufe der Zeit immer größer werden. Das von diesen aus
den Boden herabtropfende Wasser bildet hier ähnliche Zapfen, die den
oberen gewissermaßen entgegenstreben. Endlich vereinigen sich beide
Gebilde, und es entsteht in der Höhle eine freistehende Säule. Unter
anderen Umständen bilden sich andere Formen, und zwar oft von so
eigentümlicher Art, daß man in ihnen bestimmte Gegenstände, wie
eine Orgel, eine Hand u. ä. zu erkennen glaubt Die Tropfsteinhöhlen
sind wegen ihrer oft wunderbar schönen Formen die Zielpunkte vieler
Reisenden.
Die Dechenhöhle bei Iserlohn wurde 3 868 gelegentlich eines Eisenbahnbaues
entdeckt. Dieselbe ist 180 na lang und 5—6 in breit. Überall kann man darin
aufrecht gehen. Ihr Inneres, welches von 150 Gasflammen erleuchtet wird, ist mit
Tropfsteinmassen so angefüllt, daß man nirgend das nackte Gestein der Decke oder
der Seitenwände erblicken kann. Der Beschauer weiß anfangs gar nicht, wohin er
sehen soll; überall bemerkt er Zacken, Säulen und Pyramiden einzeln oder in Gruppen
an der Decke und den Wänden. Die einzelnen Gebilde und Gruppen sind so über-
aus schön und verschiedenartig geformt, daß man nicht genug staunen kann über die
stille, aber wunderbare Tätigkeit der Natur im Innern der Erde. Viele Gebilde
erinnern an bestimmte Gegenstände und werden auch darnach benannt. Man unter-
scheidet in der Höhle folgende Abteilungen: Die Vorhalle, Gletschergrotte, Laube,
Orgelgrotte, Vorhanggrotte, Königshalle,' Kanzel, Nixengrotte. Grufthalle, Palmen-
grotte, Säulenhalle, Krystallgrotte. Pyramidengrotte, Kaiserhalle und Wolfsschlucht.
Keine andere Tropfsteinhöhle kann inbezug auf schöne und mannigfaltige Ausstattung
mit der Dechenhöhle wetteifern.