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Böhmerwalde aber finden wir altberühmte Glasfabriken. Dort ist ja
Holz genug da, um die großen Schmelzöfen zu heizen. — Vieles von
dem, was der Böhme in seinem Lande gewinnt oder herstellt, sendet er
hinaus in alle Welt. Böhmisches Bier nnd böhmische Kohlen, böhmisches
Glas und böhmische Leinwand gehen in alle Welt. Auch das böhmische
Obst wird weithin versandt. (Sachsen!) Dem Böhmen ist es aber auch
leicht gemacht, Haudel zu treiben. Sein Land hat schiffbare Flüsse
(Elbe, Moldau) und ist von zahlreichen Eisenbahnlinien durchzogen. Suche
die wichtigsten auf deiner Handkarte auf! (Dresden, Prag, Wien —
München, Regensburg, Pilsen, Prag, Wien — Prag, Breslau u. s. w.
Der Mittelpunkt für alle diese Bahnlinien ist Prag. Prag ist eine Herr-
liche Stadt zu beiden Seiten der Moldau. Weit umher prangen die
Hügel im Schmucke der Obst- und Weingärten. Über das Häusermeer
ragen zahlreiche Türme hinweg. Über die Moldau führt eine altehr-
würdige Brücke. Sie wird geeziert durch das Bild des heiligen Nepo-
muk. In Nepomnk verehren die katholischen Bewohner Prags den Schutz-
heiligen der Stadt. Die Gebeine dieses Mannes ruhen im Dome in
einem silbernen Sarge.
III. Lebt in diesem schönen Lande auch ein glückliches
Volk?
1. Böhmen hat schwere Zeiten durchmachen müssen. Mehr
als einmal ist es arg heimgesucht worden. Im dreißigjährigen Kriege
sowohl als auch im siebenjährigen Kriege wurden seine Felder verwüstet
und seine Dörfer in Trümmerhaufen verwandelt. Und als im Jahre
1866 der Krieg zwischen Preußen und Österreich entbrannte, war
Böhmen wiederum zum Schlachtfelde auserkoren. Bei Königgrätz ward
die Entscheidungsschlacht geschlagen.
2. Auch heute fehlt es in Böhmen an Frieden, obgleich gegen-
wärtig kein äußerer Feind das Land bedroht. In Böhmen wohnen näm-
lich zwei Volksstämme neben- und durcheinander: Deutsche und Czechen.
Die Czechen betrachten die Deutschen als Fremdlinge, sie wollen, daß im
Lande nur die czechische Sprache gesprochen und in den Schulen gelehrt
werde, daß nur czechische Beamte angestellt werdeu und czechische Sitten
und Gebräuche allüberall in Böhmen Geltung haben. Die Deutschen
suchen dasselbe für sich zu erlangen, und so ist ewig Hader und Streit
zwischen den beiden Volksstämmen. Die Czechen hoffen zuversichtlich
darauf, daß es ihnen endlich gelingen werde, die verhaßten Deutschen zu
unterdrücken. Sie haben zahlreiche Sagen, die ihnen den Sieg prophe-
zeien. Eine solche Sage lautet: Im Taborer Kreise (Zeigen!) liegt ein
Berg, Blanik geheißen, aus dem eine Quelle mit grünlichem Wasser und
weißem Schaume hervorrieselt. In diesem Berge schlafen mehrere Tau-
seud kriegsgeübte Czechen mit ihren Waffen uud ihren Streitrossen seit
uralter Zeit. Als nämlich einst ein mächtiger Feind das Czechenvolk be-
drängte, da mußten nach der letzten verlorenen Schlacht die Helden des