Das westliche Faltengebirge von Südamerika.
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von tiefen Tälern durchfurcht. In Bolivia, wo die Hochebene
die größte Breite erreicht, ist diese dagegen zum großen Teil
abflußlos. Die Gewässer sammeln sich dort in zahlreichen
Seen, unter denen der 3800 m hoch gelegene Titicaca-See,
der 200 km lang, 60 km breit ist und eine Fläche von etwas mehr
als 8000 qkm einnimmt, der größte ist. Der See liegt auf der
Grenze von Peru und Bolivia, in der großartigen Umrahmung der
beiden Schneeriesen, des Sorata und des Illimani. Die hohe und
abgeschlossene Lage der Puna inmitten der Eisgefilde des Hoch¬
gebirges bedingt ein rauhes und nebelreiches Klima, mit
großen und oft sehr plötzlich eintretenden Wärmeschwankungen.
Die tief eingeschnittenen Täler, die, wie oben bemerkt, als Sierras
bezeichnet werden, haben dagegen infolge der tiefen und geschützten
Lage ein viel milderes Klima.
Die Puna ist .ein ödes, trauriges Tafelland. Den Boden
bedeckt braungelbes Gras, die dürftige Nahrung der Lamas und
Vicuñas (vikunjas), die mit dem hoch in den Lüften seine ruhigen
Kreise ziehenden Kondor die einzige Äußerung des Lebens sind.
Ungefähr das ganze Jahr hindurch wehen von den Eisfeldern des
Gebirges kalte Winde herab; Gewitter von der furchtbarsten
Heftigkeit entladen sich fast täglich ; oft folgt dann ein tolles
Schneegestöber und wiederum im raschen Wechsel schwüler Sonnen¬
schein". (Contzen).
Im W tritt das Meer meist sehr nahe an das Hochgebirge
heran, der schmale Küstenstreifen, die Costa, liegt, gleich
der Westküste Nordamerikas, im Regenschatten der mächtigen
Hochgebirgsketten. Regenbildung von W her wird aber, ebenfalls
wie dort und an manchen andern Küsten, durch kalte Meeres¬
strömungen verhindert. Es kommt nur zur Neb e lb il dung,
und nur ein starker Tauniederschlag erquickt in der feuchtern
Jahreszeit die Pflanzen, die 6 Monate lang völlig dursten mußten.
Die Trockenheit des Klimas hemmt die Entfaltung des Pflanzen¬
lebens und fördert die Entstehung von Flugsandgebieten,
in denen der Wind ein stetes Spiel mit den gelben, halbmond¬
förmigen Sandhügeln treibt. Noch wüstenhafter als die Küste
von Peru ist die des nördlichsten Chile (tschile), die dort nebst
dem Hochlande als At acama-Wüst e bezeichnet wird. Nach N
reicht die heißdürre Küstenstrecke Südamerikas bis zum 4.° S,
nach S bis zum 32.° S, von wo ab infolge reicherer Niederschläge
wieder reicher Holzwuchs die Küstenlandschaften schmückt
Im Gegensatze zum heißdürren Küstenlande ist der Ostfuß
der Anden (der östlichen Hauptkette), in Peru die Montaña und
in Bolivia Yunga genannt, sehr regenreich, weil das Gebiet
Steigungsregen von 0 her empfängt und auf einer langen
Strecke auch im Bereiche der Tropenregen liegt. Die große
Feuchtigkeit, zusammen mit der hohen Wärme und der Frucht¬
barkeit des vom Hochgebirge abgeschwemmten Bodens, ließ das
üppige Bild des tropischen Urwaldes entstehen.