IV. Die Völkerwanderung
bis zum Ende des weströmischen Reiches.
375-476.
Die s. g. Völkerwanderung ist eine fast allgemeine Be¬
wegung germanischer Stämme an der Schwelle des Mittel¬
alters, die grofsartige Zusammenfassung der bisherigen Einzel¬
angriffe gegen Rom, auslaufend in die Kolonisierung Europas
durch die Germanen. Sie war kein unbestimmtes Wandern
wie frühere germanische Wanderzüge, sondern ein konsequenter
und energischer Kriegszug gegen das römische Reich bis zu
dessen Untergang. Mit diesem, dem Ende des abendländischen
Reichs, begrenzen wir daher die Periode der Völkerwanderung,
die durch den zweimaligen Anstofs der Hunnen in zwei
Hälften zerfällt. Die Angriffe der Deutschen gehen von
Osten gen Westen und Süden 5 das Hauptwandervolk sind
die Goten. Der Osten wird leerer von germanischen Be¬
wohnern, in den eroberten römischen Provinzen mischen sich
deutsches Leben, deutsche Sitten und Einrichtungen mit der
höheren Kultur der alten Besitzer; vor allem ist der Über¬
gang zum christlich-katholischen Glauben, nach Überwindung
des Arianismus unter den germanischen Stämmen, das
schliefsliche Resultat dieser Völkerbewegung. Es ist die
Periode des Übergangs vom Altertum zum Mittelalter, die
gröfste Revolution der deutschen Geschichte.
A. Tom ersten bis zum zweiten Auf bruclt der Hunnen.
375-451.
Die Goten, seit dem Anfang des dritten Jahrhun¬
derts in den östlichen Donauebenen und am Pontus sefs-