Ül 145. 146. Das Römerreich. 103
des Vaterlands" begrüßt und auf Lebenszeit zum Dictator erwählt wurde.
Er suchte Soldaten und Volk durch Freigebigkeit und die Vornehmen durch
Aemter zu gewinnen; er beförderte Handel und Ackerbau, verschönerte die Stadt
durch Tempel, Theater und freie Plätze, schützte die Provinzen gegen den Druck
der Beamten, verbesserte den Kalender und traf allerlei gute und nützliche
Einrichtungen: — aber sein sichtbares Streben nach dem Titel und der
Würde eines Alleinherrschers, sein zunehmender Stolz und seine Miß-
achtung gegen den Senat und die republikanischen Formen trieben einige schwär-
mensche Freiheitsfreunde zur Verschwörung. Sein Günstling und Schmeichler
M. Antonius bot ihm bei einem Feste die königliche Kopfbinde an, und trotz
des erkünstelten Unwillens, womit Cäsar sie zurückstieß, erkannte man doch
sein inneres Wohlgefallen und die Ziele seiner Partei. An der Spitze der
Verschworenen stand der hochsinnige, für Freiheit begeisterte M. Junius
Brutus, Cäfars Freund, und der strenge Republikaner Cajus Cassius.
Aller Warnungen ungeachtet hielt Cäsar an denJdusdesMärzes (15.)
in der Halle des Pomp ejus eine Senatssitzung. Hier fiel er von drei
und zwanzig Dolchstichen durchbohrt mit dem Ausruf: „Auch Du, Brutus!"
entseelt bei der Bildsäule seines ehemaligen Gegners nieder, nachdem er sich
sorgfältig in die Toga gehüllt, um mit'Würde und Anstand zu fallen.
5. Dir letzten Jahre der Republik. '
§. 145. Bald zeigte sich, daß die Idee der Freiheit nur noch in den
Köpfen einiger Gebildeten lebte, im Herzen des Volkes aber erloschen war.
Die anfängliche Begeisterung für die neu errungene Freiheit ging schnell in
Haß und Schmähungen gegen die Mörder des Dictators über, als M. An-
tonius bei Cäsars Leichenbegängniß in einer kunstreichen Rede dessen Ver-
dienste und Vorzüge hervorhob und den Armen Geldgeschenke austheilen ließ.
Dagegen war der Senat größtenteils für die Verschworenen und verlieh
etlichen derselben Provinzen zur Verwaltung, und als sich Antonius einer
dieser Provinzen mit Gewalt bemächtigen wollte, bewirkte Cicero durch seine
„philippischen Reden", daß der Senat denselben für einen Feind des
Vaterlandes erklärte. Antonius unterlag im Kampfe vor Mutina
(Modena) und floh zu dem Statthalter des jenseitigen Galliens, Lepidus.
Nun erwies der Senat den verschworenen Republikanern offen seine Gunst und
beleidigte zugleich den neunzehnjährigen Schwesterenkel Cäsars, Octavius,
welcher als Erbe von dessen Namen (C ä s a r O e t a v i a n u s, nachmals Augustus)
die alten Soldaten auf seiner Seite hatte. Daher pflanzte Octa via uns
die Fahne der Cäsarischen Blutrache auf und schloß auf einer kleinen Insel
des Flüßchens Rhenus unweit Bologna mit Antonius und Lepidus das
zweite Triumvirat. Nene A e ch t u u g e n (P r o s e r i p t i o n e n) ergingen, die
besonders dem Senatoren - und Ritterstande verderblich wurden. Die ange-
sehensten und verdientesten Männer fielen unter den Streichen der Mörder;
die innigsten Verhältnisse, welche Verwandtschaft, Freundschaft und Pietät ae-
knüpft, wurden zerrissen. Unter den Schlachtopfern des Antonius befand ?ich
auch Cicero, der auf der Flucht ermordet wurde. Sein Haupt nnd seine
rechte Hand wurden auf der Rednerbühne aufgepflanzt.
§• 146. Nachdem die Machthaber in Italien ihre Rache gestillt, zogen sie
gegen die Republikaner, die sich um Brutus und Cassius geschaart und ihr
Heerte^cr in Makedonien aufgeschlagen hatten. Hier wurde in der Ebene
vo>. Philippi die entscheidende Doppelschlacht geliefert, in welcher Cassius
dem Antonius weichen mußte, indeß Brutus Octavians Legionen zurückdrängte.
AlÄ sich ab;t Cassius, durch falsche Kunde getäuscht, in sein Schwert stürzte