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III. Nationale EmigungsmMel.
Die Zersplitierung der Stämme und Städte im Mutterlande
und in den Kolonien hätte ohne ein bestimmtes Gegengewicht zur
völligen Auflösung führen müssen. Dieses Gegengewicht fand sich
neben dem stark ausgeprägten Nationalbewußtsein allen Nicht¬
griechen (Barbaren,) gegenüber in mehreren, durch die Volks¬
religion hervorgerufenen oder geheiligten Instituten: der gemein¬
same Götterglanbe ist das festeste staatengründende Band.
A. Das Delphische Orakel.
Ein uraltes Erdorakel des Apollon, des ,Propheten des
höchsten Zeus', des Gottes der sittlichen Reinheit und geistigen
Klarheit, der Ordnung und des Rechtes (s. S. 14). Der Sage
nach der nufpuXog der Erde, in Wahrheit das Centrum der Hel¬
lenischen Cultur, durch den dorischen Stamm und seit der Wand¬
rung desselben zu besonderer Bedeutung gelaugt; eilt höchstes
Tribunal über die ^Grundsätze des Rechts und oberste Instanz
in der Politik, weit über die Grenzen Griechenlands und seiner
oft auf Anregung des Orakels ausgesandten Kolonien von oft
entscheidender Autorität.
Ein Erdspalt mit ansströmenden gasartigen Dämpfen, die
ekstatische Erregungen bewirken (nnv/ua £v9ovat.aoTiy.ov). lieber
dem Schlund neben dem heiligen Lorbeerbaum der goldne Drei¬
fuß, der Sitz der Pythia, deren weissagende Aeußerungen (bald
s/u/LUTga bald u/uftou) von den mit den Zuständen Griechenlands
wohl vertrauten Priestern und ihren Gehülfen metrisch gefaßt
wurden. Ursprünglich nur eine Pythia und ein uQoytjvrig oder
uQ6f.Kx.vvic, später zwei Priesterinnen und mehrere Priester. Großer
moralischer Einfluß des Orakels aus ganz Griechenland bis in
die späteren Zeiten; — Einwirkung mehr aus das was geschehen
sollte, als eigentliche Wahrsagung. Bestechungen der Priesterin
kommen vor, aber als seltene Ausnahmen; — Große Tempel¬
schätze in den Thesauren.
B. Die tAmphiktyonien.
Einungen von Nachbarstaaten (äfiyixvioveg) zu religiöser Fest¬
feier um ein Bundesheiligthnm. Am bedeutendsten die Delphische