Theoretischer Heil. 
A. Aufgabe des Geographieunterrichts. 
Durch den Geographieunterricht soll der Zögling der Volksschule 
eine Reihe der wichtigsten geographischen Erscheinungen (astronomische, 
physische, ethnographische, politische und soziale) in der Weise kennen 
lernen, daß er ein gemütvolles Verständnis für die Wechselwirkungen 
gewinnt, welche zwischen den einzelnen geographischen Elementen (iusbes. 
zwischen Boden und Bodenbewohnern) bestehen. 
Dieser Zielbestimmung würde also ein Unterricht nicht entsprechen, 
welcher sich darauf beschränkt, hydrographische, klimatische, gewerbliche oder 
merkantile Verhältnisse als bloße Thatsachen hinzustellen, und es ver- 
säumt, auf die Bedingungen der betrachteten Erscheinungen näher ein- 
zugehen. So würde z. B. eine Behandlung des Alpengebietes nur dann 
eine wirklich fruchtbringende genannt zu werden verdienen, wenn sie den 
Schüler auch darüber belehrt, wie einerseits der gewaltige Höhenzug 
durch seine Eigenart Körper und Charakter, Beschäftigung und Lebens- 
weise derer beeinflußt, welche an seinen Abhängen oder in seinen Thälern 
wohnen, und wie andererseits die Menschenhand Abgründe überbrückt, 
Bergriesen durchbohrt und Flußthäler verbreitert, um abgeschlossene Gebiete 
dem Leben zu erschließen, welches jenseits der Berge seine Wogen schlägt.*) 
Das Kind soll eben zu der Erkenntnis gelangen, wie auf der einen Seite 
der Mensch abhängig ist von dem Boden, der ihn trägt und nährt, und 
wie er aus der andern Seite durch einen sinnigen Geist und eine thätige 
Hand sich zum Herren der Erde emporschwingt. 
Dieses Verständnis aber, welches der Schüler auf Grund eines 
wahrhaft bildenden Unterrichts erwirbt, soll anch ein gemütvolles sein, 
d. h., es soll Wert besitzen für das Eut- und Bestehen des sittlich-religiösen 
Charakters. Soll doch der Unterricht dem Zögling nicht allein zum Be- 
wußtsein bringen, wie tausend Fäden ihn mit dem Lande verknüpfen, in 
dem seine Wiege gestanden, wie er mit seinem ganzen Sein und Streben 
wurzelt im heiligen Boden des Vaterlandes und darum in Dankbarkeit 
*) Vergleiche dazu Tischendorf, Europa S. 5—50. 
Tischendorf, Deutschland. 1. Abt. 4. Aufl. 1
	        
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