32
Treiben der Welt, lächerlich die Wichtigkeit, mit der sich die Menschen
um Dinge mühen, die der Hauch des Windes zerstreut.
4. Hierauf sandte Instinian den Belisar gegen die
Ostgoten in Italien. 20 Jahre hindurch leisteten diese
tapfern Widerstand. Belisar fiel in Ungnade und ward ab¬
berufen; an seiner Stelle übernahm Narses die Führung des
Kriegs. Er schlug die Goten in offener Feldschlacht. Unentmutigt
hoben die der Niederlage Entronnenen den tapfern Tejas auf den Königs¬
schild. Am Vesuv bei Neapel kam es zum letzten Kampf. „Narses
schnitt ihnen zuerst die Zufuhr von der Seeseite ab; dann nötigte er sie,
weiter den Berg hinaus zu weichen, wo sie weder Trank für sich, noch
Futter für ihre Tiere fanden. Da zäumten sie ihre Rosse los und ließen
sie frei, wohin sie wollten; sie selbst traten geschlossen Mann an Mann
in ein großes Schlachtviereck zusammen, an dessen einer Spitze Tejas wie
ein Turm stand." Die Feinde, welche glaubten, daß nach seinem Falle
der Kampf zu Ende sein werde, drangen in großen Scharen mit ihren
Speeren auf ihn ein. Tejas deckte sich mit seinem Schild und fing damit
die nach ihm geschleuderten Lanzen auf, während er niit der eigenen Waffe
jeden niederstreckte, der sich nahte. So oft fein Schild voll hing von den
aufgefangenen feindlichen Geschossen, ließ er sich von seinem Waffenträger
einen andern reichen. So stand er wie in den Erdboden gewachsen, ohne
nur fingerbreit vom Platze zu weichen; staunend sahen beide Heere dem
Heldenkampse zu. Aber gegen Abend, in dem Augenblicke, als Tejas
abermals den mit Lanzen beschwerten Schild tauschte, tras ein Wurfspieß
die unbedeckte Brust und streckte ihn zu Boden. Rasch ergriffen die
Römer seine Leiche, schlugen den Kopf ab, steckten ihn auf einen Spieß
und ließen ihn hinüberstarren nach den Scharen seiner Getreuen, die er
eben noch führte. Sie meinten damit die Goten zu entmutigen. Aber
um so erbitterter setzten diese den Kampf fort. Bis tief in die Nacht
wütete die Schlacht; am andern Morgen erneuerten die Goten den An¬
griff; am Abend endlich waren sie von der Blutarbeit ermattet. Sie
baten um freien Abzug; ehrenvoll — wie er fo tapferen Männern ge¬
ziemte — ward er ihnen gewährt. Darauf zog der kleine Rest — etwa
1000 Mann — dem Norden zu; unter anderen deutschen Stämmen
jenseit der Alpen hat er sich verloren. (Das heutige Gossenfaß an der
Brennerbahn wird als Gotensitz gedeutet.)
„Gebt Raum, ihr Völker, unserm Schritt: wir sind die letzten Goten; wir
tragen keine Krone mit; wir tragen einen Toten (— Tejas).
Mit Schild an Sckild und Speer an Speer, wir ziehn nach Nordlands
Winden, bis wir im fernsten grauen Meer die Insel Tbnle finden.
Das soll der Treue Insel sein, dort gilt noch Eid und Ehre; dort senken
wir den König ein im Sarg der Eichen-Speere.
Wir kommen her — gebt Raum dem Schritt — aus Romas falschen
Thoren: wir tragen nur den König mit — die Krone ging verloren."
Dahn.
So ging 554 auch das Ostgotenreich zu Grunde; Italien
wurde oströmische Provinz; Narses verwaltete sie als Statt¬
halter.