— V —
Anfänger im Lehramte — in der Volksschule tätig ist oder war,
kennt die Schwierigkeiten im vollem Umfange, die sich in der Volks-
schule dem geographischen Unterricht entgegenstellen, wenn er nicht nur
die für das bürgerliche Leben erforderlichen erdkundlichen Kenntnisse
übermitteln, sondern auch vaterländisches Denken und Fühlen wecken und
pflegen, die Kinder nicht nur hören und lernen, sondern auch nachdenken,
suchen und finden, bewundern und genießen lassen will. Diese Schwierig-
keiten ergeben sich hauptsächlich aus dem Maugel an Zeit und aus der
Jugend unserer Schüler und Schülerinnen. Sie ziehen unserer Arbeit
Nicht- und Grenzlinien, die wir nicht aus dem Auge verlieren dürfen,
wenn wir nicht auf wirkliche, die kurze Schulzeit überdauernde Erfolge
verzichten wollen. Insbesondere dürfen wir nie vergessen, daß wir alles,
was wir an die Kinder unterrichtlich heranbringen, dem Geistes-
zustand der Kinder anzupassen haben. Das ist gewiß eine schlichte,
alte Wahrheit, aber mir will es scheinen, als ob sie in der Gegenwart
häufig unberücksichtigt bliebe. In dem an sich gewiß löblichen Streben,
allen Unterricht auf wissenschaftliche Grundlage zu stellen und jedes
Lehrfach nach dem in ihm selbst ruhenden Prinzipien zu gestalten, neigt
man nicht selten dazu, den logisch-systematischen Gang der Fachwissen-
schast einzuschlagen, nicht den psychologischen, den man bei der Unter-
Weisung von Kindern zu gehen hat. Ja, einzelne Lehrer glauben
geradezu, ihren gesamten Unterricht dadurch auf eine höhere Stufe zu
heben, ihm ein wissenschaftliches Gepräge zu geben uud zu einem Ab-
bild des Unterrichts an höheren Lehranstalten zu machen, daß sie das
Fachprinzip in den Vordergrund stellen, das Hauptgewicht auf den
Stoff selbst legen, die methodische Gestaltung aber als nebensächlich an-
sehen und der Eingebung des Augenblicks überlassen. Welche Verkennung
des Wesens und der Ausgabe des Volksschulunterrichts, der doch erziehen,
nicht rein sachlich in eine Wissenschaft einführen soll, spiegelt sich in dieser
Auffassung! Gewiß soll alles, was die Volksschule lehrt, auf wissen-
schaftlicher Grundlage ruhen, aber das, was wir aus dem weiten Reiche
der Fachwissenschaft den Kindern übermitteln, muß der Kindesnatur
entsprechend geformt und in kindlich-einfacher, ansprechender Art an die
Jugend herangebracht werden. Diese Umformung der Wissensstoffe in
Bildungsstoffe ist oft eine sehr schwierige Sache. Es gilt da zunächst
zu vervolkstümlichen, gilt edles Metall in kleine gangbare Münze um-
zuPrägen, wie sie für das tägliche Leben gebraucht wird, damit es
unserem Schüler nicht geht wie dem Hans im Glück, der mit dem in
langjähriger Arbeit erworbenen Goldklumpen nichts anzufangen wußte
und sich freute, als er ihn wieder los war. Es gilt weiter aber auch,
sich immer und immer wieder den gesamten Lernprozeß klar zu ver-
gegenwärtigen, damit jener Stufengang geistigen Geschehens, wie er sich
bei allem Erkennen naturgemäß vollzieht, auch unserem Unterrichte zu-
gründe liege. Wie viel gibt es da zu erwägen, um die anschauliche und