64 Dritter Teil: Aus d. Heimatgesch. d. Rheinlands. 9. Rheinland unter preußischer Herrschaft.
nach auch entlegenere und ärmere Gegenden ihre Eisenbahn. In
jüngster Zeit wurde ferner durch die Stadt- nub Kreisverwaltungen
das Kleinbahnwesen eifrig gefördert. Auch auf andern Gebieten gab
die preußische Verwaltung den Ansporn zu reger Tätigkeit. Zugleich ver-
folgte sie aber das Ziel, die Bewohner auch selbst zum eignen Vorwärtsstreben
anzuregen. Daß dies gelungen ist, beweist besonders das blühende Genossen-
schastswesen der Rheinprovinz. Wo aber Notstände durch Naturereignisse
hervorgerufen wurden, hat der Preußische Staat allzeit helfend eilige-
griffen, wie bei den Notständen in der Eisel vor einigen Jahrzehnten uud
in jüngster Zeit zur Linderung der Not der Winzer.
Nicht geringer als die Sorge um die wirtschaftliche Entwicklung der Rhein¬
provinz war die Fürsorge der preußischen Verwaltung für Unterricht, Wissen¬
schaft und Kunst. Schon im Jahre 1818 war die Friedrich - Wilhelms-
Universität zu Bonn gegründet worden. Sie hatte wiederholt die Ehre,
auch die Prinzen des Königlichen Hauses zu ihren Studierenden zählen
zu dürfen. So haben Kaiser Friedrich III., der jetzige Kaiser und auch
der jetzige Kronprinz in Bonn studiert. Ju Bonn-Poppelsdorf wurde
später auch eine landwirtschaftliche Hochschule, in Aachen eine technische
Hochschule und in Cöln durch die Stadt eine Handelshochschule gegründet.
Ferner wurdeu neben zahlreichen höheren Lehranstalten unb Semi¬
naren viele gemeinnützige Anstalten ins Leben gerufen, wie Taub-
stummen-Anstalten, Blindenschulen, Erziehungsanstalten, Waisen-
Häuser, landwirtschaftliche Schulen, Obst- und Weinbauschulen usw.
Auch die rheinische Kunst suchten die preußischen Könige neu zu belebeu.
Die Kunstakademie zu Düsseldorf gelangte bald wieder zu bedeuteuder
Blüte. Im Jahre 1842 wohnte König Friedrich Wilhelm IV. der Feier
zur Fortsetzung des Baues des Eölner Domes bei, und im Jahre 1881
kollnte Kaiser Wilhelm I. die Feier der Vollendung des Dombaues
durch feine Gegenwart glanzvoll gestalten. Zahlreiche andere Kunstwerke,
Bauten nnb Denkmäler sind in neuester Zeit fast in allen größeren Städten der
Rheinprovinz geschaffen worden, und für die Erhaltung alter Kunstdenk-
mäler wird eifrig gesorgt.
So ist das schöne Land am Rhein unter preußischer Verwaltung
auf allen Gebieten zu neuem Blühen gelangt. Die Bevölkerung
der Rheiuprovinz hat sich seit dem Jahre 1815 von 1t9o Mill. auf Mill. ver¬
mehrt, und wenn die Bewohner heute mit Stolz sagen dürfen, daß ihre Heimat-
Provinz die bevölkertste und reichste von allen Provinzen Preußens ist,
so mögen sie nicht vergessen, daß sie dieses Glück zum großen Teil
der preußischen Verwaltung zu danken haben.
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig.