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3. Kennst du den Berg und seinen Wolkensteg?
Das Maultier sucht im Nebel seinen Weg;
in Höhlen wohnt der Drachen alte Brut;
es stürzt der Fels und über ihn die Flut.
Kennst du ihn wohl?
Dahin! dahin
geht unser Weg! O Vater, laß uns ziehen!
1(00* Line Besteigung des Vesuvs.
von Johann rvolfgang von Goethe.
Neapel, den 6. März J787.
Obgleich ungern, öod? aus treuer Geselligkeit, begleitete Tischbein*)
mich heute aus den Vesuv. —
Wir fuhren auf zwei Aaleschen, weil wir uns als Eelbstführer durch
das Gewühl der Stabt nicht durchzuwinden getrauten. Der Fahrende
schreit unaufhörlich „jstlatz, Hlatz!", damit Esel, Holz- oder Aehricht-
tragende, entgegenrollende Aaleschen, lastschleppende oder freiwandelnde
Menschen, Rinder und Greise sich vorsehen, ausweichen, ungehindert aber
der scharfe Trab fortgesetzt werde.
Der Weg durch die äußersten Vorstädte und Gärten sollte schon
auf etwas jAutonisches hindeuten. Denn da es lange nicht geregnet,
waren von dickem, aschgrauem staube die von Natur immergrünen
Blätter überdeckt, alle Dächer, Gurtgesimse, und was nur irgend eine
Fläche bot, gleichfalls übergraut, so daß nur der herrliche, blaue Himmel
und die hereinscheinende, mächtige Eonne ein Zeugnis gab, daß man
unter den lebendigen wandle.
Am Fuße des steilen Hanges empfingen uns zwei Führer, ein älterer
und ein jüngerer, beides tüchtige Leute. Der erste schleppte mich, der
zweite Tischbein den Berg hinauf. Sie schleppten, sage ich; denn ein
solcher Führer umgürtet sich mit einem ledernen Riemen, in welchen der
Reisende greift und, hinaufwärts gezogen, sich an einem Stabe auf seinen
eigenen Füßen desto leichter emporhilft. So erlangten wir die Fläche, über
welcher sich derAegelberg erhebt, gegen Norden die Trümmer derSomma.
— Tin Blick westwärts über die Gegend nahm wie ein heilsames Bad
alle schmerzen der Anstrengung und alle Müdigkeit hinweg, und wir
umkreisten nunmehr den immer qualmenden, Stein und Asche aus¬
werfenden Aegelberg. So lange der Raum gestattete, in gehöriger Ent¬
fernung zu bleiben, war es ein großes, geisterhebendes Schauspiel. Erst
ein gewaltsamer Donner, der aus dem tiefsten Schlunde hervortönte, so-
*) Lin deutscher Maler in Rom und Freund Goethes.
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