Full text: Bilder aus der Heimatkunde Pommerns (Erg.)

Pommern im Dreißigjährigen Kriege. 
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deren Zahl täglich vergrößert wurde, so daß manche Häuser anfangs 10, später 40—50 
solcher Blutsauger erhielten. Diese zechten und schmausten auf Kosten des Haus- 
Wirtes und quälten oder „tribnlierten" ihn so lange, bis eine Summe Geldes erpreßt 
war. Das wilde Kriegsleben hatte in den Wallensteinschen Offizieren jedes edle Gefühl 
und jede sittliche Scheu erstickt. Mit rohen Flüchen und frechem Übermut pflegten 
sie die Bittgesuche der Geäugsteten zu beantworten. Der berüchtigtste unter den Wallen- 
steinschen Offizieren war der Oberst Götze. Dieser ließ Pasewalk furchtbar plündern 
und 90 Frauen und Priester lebendig ins Feuer werfen. — Noch schlimmer als die 
Offiziere trieben es die gemeinen Soldaten, die sich ganz viehisch gebürdeten und 
ärger als wilde Tiere hausten. Bogislav sagt von ihnen in einer Beschwerdeschrift: 
„Wilde Tiere kann man durch Speisen und Emähren täglich zähmen und sanftmütiger 
machen, während dieser Leute Wüten und Toben so weit überhandgenommen hat, 
daß sie darüber ihre Ernährer gefressen und verzehret und zunichte gemacht haben." — 
Besonders groß wurde die Not, als sich noch zwei andre böse Gäste einstellten, näm- 
lich Hungersnot und Pest. In Köslin starben an letzterer von 3000 Einwohnern 900, 
und in Kolberg raffte der Würgengel gar 3500 Menschen hinweg. Die Elenden griffen 
zu den unnatürlichsten Speisen, sie aßen Gras, Wurzeln, Eicheln und Nesseln. Den 
unglücklichen Bewohnern schien der Tod ein willkommener Erlöser, und viele wurden 
Selbstmörder, weil sie die Qual nicht mehr ertragen konnten. 
5. Gustav Adolf. Da kam Hilfe vom Norden. Der Schwedenkönig Gustav Wolf 
laudete am 24. Juni 1630 mit einem gut geschulten Heere von 15 000 Mann an der 
Küste von Pommern. Bogislav XIV. schloß nur ungern mit ihm ein Bündnis; denn 
er fürchtete die Rache des Kaisers. Nachdem die Schweden Stettin besetzt und stark 
befestigt hatten, begann die Vertreibung des Feindes. An: längsten hielt sich dieser 
bei Kolberg und in dem festen Lager bei Gartz a. O. — Gustav Adolf hielt in seinem 
Heere strenge Mannszucht. Rauben und Plündern war bei Todesstrafe verboten. 
Die Soldaten bezahlten, was sie verzehrten, deshalb wurden sie bald überall als 
Befreier begrüßt. Von Pommern aus trat Gustav Adolf seinen Siegeszug durch ganz 
Deutschland an. 
6. Die Schwedenzeit. Der große König fiel in der Schlacht bei Lützen am 
16. November 1632, und nun begann auch für unser Pommernland das Elend von 
neuem. Die Schweden mußten 1634 vor den Kaiserlichen zurückweichen und setzten 
sich nun in Brandenburg und Pommern fest, wo sie bald ärger hausten als vorher die 
Wallensteiner. Am fürchterlichsten wüteten die Schweden unter Bauer in den Jahren 
1637 und 1638. Wieder flüchteten die Bewohner der Städte und Dörfer mit ihren 
wenigen Habseligkeiten in unzugängliche Brüche oder in das Dickicht des Waldes. Wochen, 
ja Monate hindurch fristeten sie hier ohne Obdach und ohne ordentliche Speise ihr 
elendes Leben. Dabei waren sie stets in Sorge, von dem Feind entdeckt zu werden. 
Unaussprechlich sind die Greueltaten, die diese entmenschten Scharen verübten. 
Ihnen war nichts heilig. Mit rohester Gewalt mißhandelten sie gerade die Alten 
und Schwachen, die Frauen und Kinder. Man briet Menschen in Backöfen, schlug 
ihnen Holzpflöcke zwischen Nägel und Fleisch, schnitt ihnen die Fußsohlen auf und 
streute Salz hinein. Man gab ihnen Jauche und andre ekelerregende Dinge zu 
trinken und nannte das den Schwedentrunk. — Die meisten Städte Pommerns, wie 
Anklam, Demmin, Gartz a. O., Stargard, Trepww a. R., Ückermünde n. a., sind bald 
von den Kaiserlichen, bald von den Schweden belagert und geplündert worden. Andre, 
wie Kolberg, Nangard, Rügenwälde, Rummelsburg und Stargard, wurden durch 
große Feuersbrünste eingeäschert. Dazu gesellte sich fast überall wieder die Pest. In 
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