Full text: Bilder aus der Heimatkunde Pommerns (Erg.)

Die geschichtliche Entwicklung des Bauernstandes in Pommern. 31 
waren, so plünderte oder „pochte" man gegenseitig die Dörfer aus. Der Feind trieb 
die Viehherden fort und vernichtete die Feldfrüchte. Manchmal verdarb er die Äcker 
sogar durch böswilliges Einsäen von wucherndem Unkraut. Ms die Zeiten im 16. und 
zu Anfang des 17. Jahrhunderts friedlicher wurden, da gelangte auch der Bauer zu 
einem bescheidenen Wohlstande. 
d) Der Dreißigjährige Krieg. Doch die furchtbareu Stürme des Dreißig- 
jährigen Krieges vernichteten gar bald diese Blüte. Gerade die Bauern hatten unter 
den Kriegsgreueln am meisten zu leiden. Ganze Dörfer verschwanden vom Erdboden. 
Auf den Äckern wuchs wieder Wald. Die Bauern waren Bettler geworden. Viele 
hatten Haus und Hof verlassen, weil die hohen Abgaben und die fortgesetzten Plün- 
deruugeu sie zur Verzweiflung trieben. Andre hatten durch Selbstmord ihrem elenden 
Leben ein Ende gemacht. Die verlassenen Bauernhöfe wurden von den Gutsherren 
mit ihrem Besitz vereinigt. — Hinterpommern war im Westfälischen Frieden an 
Brandenburg gefallen, und der Große Kurfürst suchte auch hier die Wunden zu heilen, 
die der Krieg geschlagen hatte. Er rief aufs neue Ansiedler herbei und schenkte ihnen 
die herrenlosen Bauernhöfe. Auf sechs Jahre erließ er ihnen die Pacht und befreite 
sie von allen öffentlichen Lasten; außerdem gab er ihnen Ackergerät, Zugvieh und 
Saatkorn. So gelang es ihm bald, seine eigenen Güter wieder zu besiedeln. Laug- 
samer kamen die adligen Güter wieder in Anbau; hier siedeltet: sich die einheimischen 
Bauern an, die froh sein mußten, wenn ihnen der benachbarte Edelmann überhaupt 
ein Stück Land sowie Ackergerät und Saatkorn gab. Sie ließen sich die drückendsten 
Bedingungen, ja selbst die Leibeigenschaft gefallen. Die Bauem mußte« der Guts¬ 
herrschaft den Untertänigkeitseid schwöret:. Sie waren an die Scholle gebuudeu und 
durften ohne Erlaubnis des Edelmannes ihren Wohnsitz nicht verlassen. Ihre Kinder 
durften ohne seine Erlaubnis weder heiraten noch einen andern Beruf erwählen. 
Die Bauern mußten mit ihren Kindern wöchentlich vier bis sechs Tage auf dem Gute 
des Herrn arbeiten und ihren Acker des Nachts und am Sonntage bestellen. Sie besaßen 
kein Erbrecht an dem Boden, den sie bebauten, sondern waren nur auf Kündigung 
oder auf Lebenszeit eingesetzt worden. Die Behaudluug der Leibeigenen war oft 
hart und unmenschlich. 
3. Fürsorge Friedrich Wilhelms I. und Friedrichs II. Friedrich Wilhelm I. 
und Friedrich der Große suchten das Los ihrer Bauern zu erleichtern. Sie bestimmten, 
daß diese nur noch zwei, höchstens drei Tage in der Woche auf den Gütern arbeiten 
sollten. Auch verboteu sie ihren Beamten, die Leute zu schlagen und zu mißhandeln. 
Beide Fürsten machten sogar den Versuch, die Erbuntertänigkeit aufzuheben. Doch ihr 
Vorhaben scheiterte an dem Widersprach der Adligen nnd der Torheit der Bauern 
selbst. Vor allem verboten sie streng das „Bauernlegen", d. h. das Einziehen der 
Bauernhöfe, wenn der Besitzer starb oder verzog, ebenso das Aufkaufen der freien 
Bauernhöfe. (Vgl. S. 21 u. 24.) 
4. Aufhebung der Erbuntertänigkeit. Die Freiheit erlangten die Bauern 
erst durch die Steiu-Hardenbergische Reform. Friedrich Wilhelm III. hob die Erbunter¬ 
tänigkeit auf. Der Bauer durfte fortan ohne gutsherrliche Genehmigung sein Grund- 
stück verkaufen und verpfänden, sich verheiraten und ein bürgerliches Gewerbe treiben. 
Für die königlichen Güter erließ der König folgende Verordnung: „Auf meinen sämt- 
lichen Domänen soll vom 1. Juni 1808 an schlechterdings keine Hörigkeit, Leibeigen- 
schast, Erbuntertänigkeit oder Gutspflicht stattfinden. Ich erkläre meine Domänen- 
insassen ausdrücklich für freie, unabhängige Menschen in der Art, daß sie auch von dem 
Gesindezwange uud Loskaufgeld entbunden, werden." Am 27. Juli 1808 verlieh der
	        
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