227
116. (Ein Brief Goethes an seine Mutter.*)
Rn Katharina Elisabeth Goethe.
Mitte Rugust l779.
So eine Rntwort wünscht ich von Ihr liebe Mutter, ich hoffe es
soll recht schön und herrlich werden. Rlso eine nähere Rachricht von
unsrer Rnkunft. Ghngefähr in der Hälfte September treffen wir ein
und bleiben ganz still einige Tage bey Euch. Denn weil der Herzog
seine Tanten und Vettern die auf der Messe seyn werden nicht eben sehen
möchte wollen wir gleich weiter und aus dem Mayn und Rhein hinab
schwimmen, haben wir unsre Tour Dottenbet; so kommen wir zurück
und schlagen in forma unser Quartier bey Ihr auf, ich werde alsdenn
alle meine Freunde und Bekannte beherzigen, und der Herzog wird nach
Darmstadt gehen und in der Rachbaarschasft einigen Rdel besuchen. Unser
Quartier wird bestellt wie folgt. Für den Herzog wird im kleinen
Stübgen ein Rette gemacht, und die (Orgel wenn sie noch dastünde hinaus¬
geschafft. Das grase Zimmer bleibt für Zuspruch, und das Entree zu
seiner Wohnung. Er schläfst auf einem saubern Strohsacke, worüber
ein schön Leintuch gebreitet ist unter einer leichten Decke.
(Das Papier schlägt durch drum fahr ich hier fort.)
Das Taminstübgen wird für seine Bedienung zurecht gemacht, ein
Matraze Bette hineingestellt.
Für Herrn v. Wedel wird das Hintere graue Zimmer bereitet, auch
ein Matrazze Bette pp.
Für mich oben in meiner alten Wohnung auch ein Strohsack pp. wie
dem Herzog.
Essen macht ihr Mittags vier, Essen, nicht mehr noch weniger,
kein Geköch, sondern eure bürgerlichen Kunststück aufs beste, was ihr
frühmorgens von Qbst schaffen könnt wird gut seyn.
Darauf reduziert sichs also daß wir das erstemal wenn wir an¬
kommen iedermann überraschen, und ein paar Tage vorbeygehn eh man
uns gewahr wird, in der Messe ist das leicht. In des Herzogs Zimmern
thu sie alle Lustres heraus, es würde ihm lächerlich vorkommen. Die
Wandleuchter mag sie lassen. Sonst alles sauber wie gewöhnlich und
ieweniger anscheinende Umstände ie besser. Es muß Ihr seyn als wenn wir
lO iahr so bey ihr wohnten. Für Bedienten oben im Gebrochenen Dach
bey unsren Leuten sorgt Sie für ein paar Lager. Ihre Silbersachen
stellt sie dem Herzog zum Gebrauch hin, Lavor, Leuchter pp. Keinen Taffe
und dergleichen trinkt er nicht. Wedel wird Ihr sehr behagen, der ist
noch besser als alles was Sie von uns Mannsvolck gesehen hat.
Rlso immer ein tiefes Stillschweigen, denn noch weis kein Mensch
hier ein wort, was Ihr noch einkommt schreibe Sie mir. Ich will
auf alles antworten, damit alles gut vorbereitet werde.
Merck darf noch nichts wissen.
*) Schreibweise, wie auch in den folgenden Briefen, dem Original entsprechend.
15*